Ausgabe 48/2017 - 02.12.2016
Berlin (epd). Nur jede zweite der analysierten Non-Profit-Organisationen erfüllt die Ansprüche einer transparenten Verwendung ihrer Spendengelder, wie das gemeinnützige Analyse- und Beratungshaus Phineo am 30. November in Berlin mitteilte. Das beste Prädikat im Ranking errang die Kindernothilfe mit fünf Sternen, gefolgt von Oxfam (4,7) und Caritas International (4,4). Auf nur 1,7 Sterne kam der Arbeiter-Samariter-Bund. Die Arche Christliches Kinder- und Jugendwerk und der Malteser Hilfsdienst landeten mit 2,5 Sternen ebenso weit hinten wie mit jeweils 2,8 Sternen die von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, die Tribute to Bambi Stiftung, der Bundesverband Deutsche Tafel, Brot für die Welt und der BUND.
Bewertet wurden jeweils drei Hauptkriterien: Die Transparenz über Ziele, Aktivitäten und Wirkung. Jedes dieser Kriterien bestand wiederum aus drei Teilkriterien. Bei der Kategorie Ziele waren das zum Beispiel die Darstellung der gesellschaftlichen Problemlage, die langfristige Vision und die mittelfristige Strategie zur Problembeseitigung.
Die Rangliste bildet ab, wie transparent eine Organisation agiert, aber nicht, wie wirkungsvoll ihr Handeln ist, betonte Phineo. Das bedeute, dass Organisationen, die auf den hinteren Plätzen gelandet sind, deshalb nicht pauschal wirkungslos seien. Aber: Sie machen es bestehenden oder potenziellen Spendern schwer, sich über Strategie, Aktivitäten und Wirkung zu informieren. Umgekehrt gilt durchaus: Transparenz ist ein starker Indikator für Wirksamkeit. Die Experten von Phineo haben nicht vor Ort Evaluationen über die Wirkung der Organisationen vorgenommen. Folglich könnten sie nicht garantieren, dass die berichtete Wirkung auch tatsächlich eingetreten ist. Aber: Das Vorhandensein hochwertiger Wirkungsbelege fließt als eigenes Teilkriterium in die Rangliste mit ein, hieß es.
Umfragen zufolge erwarten 88 Prozent der Bürger, dass die Spendenorganisationen umfassend darüber informieren, wie die Gelder verwendet werden. Dieser Frage ging Phineo im Auftrag von "Spiegel Online" in der Studie "Wirkungstransparenz bei Spendenorganisationen 2016" nach. Dazu wurden 50 der bekanntesten deutschen Spendenorganisationen darauf hin analysiert, wie transparent sie über ihre Arbeit und die Wirkung dieser Arbeit berichten.
Demnach informieren 54 Prozent der untersuchten Organisationen insgesamt sehr gut oder herausragend über ihre Arbeit. Bei der Vergleichsstudie vor zwei Jahren waren es noch 36 Prozent. Der Blick ins Detail zeigt aber: Nicht einmal jede zweite Organisation (22 von 50) dokumentiert systematisch, welche Veränderungen sie konkret dank der finanziellen Zuwendungen erreicht hat.
Insgesamt finden sich in diesem Jahr neun Organisationen neu im Ranking. Im Vergleich zum Vorjahr zeige sich eine erfreuliche Entwicklung, hieß es: Transparenz wird offenbar eine zunehmend größere Bedeutung zugemessen. Erreichten die Organisationen 2014 im Durchschnitt eine Bewertung von 3,3 von 5 möglichen Sternen, so sind es in diesem Jahr 3,6 Sterne - und das, obwohl die fünf transparentesten Organisationen aus dem Ranking 2014 diesmal nicht untersucht wurden. Das waren World Vision, Deutsche Welthungerhilfe, Ärzte ohne Grenzen, CARE Deutschland und das Deutsche Komitee für UNICEF.
27 von 50 der untersuchten Organisationen informieren sehr gut oder sogar herausragend über ihre Arbeit. Vor zwei Jahren waren es lediglich 18.
"Das sollte aber nicht darüber hinweg täuschen, dass viele Organisationen nicht darlegen, was sie mit den Geldern eigentlich bewegen", erklärte der Leiter der Studie, Benjamin von der Ahe. "Wer spendet, will dass sein Geld etwas positiv verändert. In einem Spendenmarkt mit wachsenden Milliardenumsätzen sind die Organisationen deshalb in der Pflicht, ihre Wirkung nachzuweisen", sagte der Experte.
Zumal das Spendenaufkommen zuletzt stetig gestiegen ist. 5,5 Milliarden Euro spendeten Privatpersonen laut dem Deutschen Spendenrat im Jahr 2015. Das waren fast 600 Millionen Euro mehr als noch im Jahr zuvor und der dritte Rekordwert in Folge.
Der Verein "Social Reporting Initiative" bezeichnete das Verhalten vieler Geld sammelnder Organisationen als fragwürdig. Mit dem Social Reporting Standard (SRS) liege längst eine geeignete und kostenlose Strukturierungshilfe vor, die "Organisationen jedweder Größe eine transparente Darstellung ihrer Wirkungen enorm erleichtert”, erklärte Geschäftsführer Jan Engelmann. Der SRS bilde sowohl die Eckdaten zum organisatorischen Rahmen als auch Informationen über Angebote, Zielgruppen und erreichte Resultate einer Spendenorganisation ab.
Engelmann beklagte, dass es trotz vieler Bekenntnisse bei den NPO zur Wirkungsorientierung "häufig nur bei einem reinen Lippenbekenntnis bleibt, weil man den damit verbundenen Aufwand scheut".