Ausgabe 48/2017 - 02.12.2016
Berlin (epd). Die Unterhalts-Reform für Alleinerziehende verzögert sich. Dafür machten sich Union und SPD am 29. November in Berlin gegenseitig verantwortlich. Zugleich versicherten Spitzenpolitiker beider Seiten, sie wollten die Verbesserungen für Alleinerziehende nicht gefährden. Geplant war bislang eine Ausweitung des Unterhaltsvorschusses zum 1. Januar 2017.
Als Kompromisslinie deutete sich an, dass die Alleinerziehenden die Zahlungen erst einige Monate später, aber rückwirkend bekommen könnten. Damit will man den Kommunen entgegenkommen, die die Reform umsetzen müssen. Bund und Länder können sich aber bisher nicht über die Aufteilung der zusätzlichen Ausgaben einigen.
Der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder (CDU) forderte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) und den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel auf, eine Einigung mit den Ländern herbeizuführen. "Die Länder müssen mitmachen", sagte Kauder. So lange das nicht sicher sei, könne die Union den Gesetzentwurf nicht in den Bundestag einbringen.
Die SPD wiederum warf der Union vor, das Gesetzgebungsverfahren unnötig aufzuhalten und damit die Verbesserungen für Alleinerziehende zu gefährden. Schwesig erklärte zu dem Streit, sie sei sicher, "dass wir zwischen Bund und Ländern eine gute Lösung finden, wie die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses umgesetzt werden kann".
Den Unterhaltsvorschuss bekommen Alleinerziehende, deren Ex-Partner nicht für die gemeinsamen Kinder zahlt. Bislang erhalten die Kinder den Vorschuss vom Jugendamt bis zum 12. Geburtstag und höchstens sechs Jahre lang. SPD und Union sowie die Ministerpräsidenten der Länder haben sich verständigt, dass die Befristung entfallen und der Anspruch bis zum 18. Lebensjahr ausgeweitet werden soll. Bei ihrem Streit geht es nun darum, wer die Kosten von knapp 800 Millionen Euro pro Jahr trägt.
Bundesweit beziehen 440.000 Eltern den Unterhaltsvorschuss, 90 Prozent sind alleinerziehende Mütter. Von der Reform würden laut Schwesig 260.000 Kinder profitieren. Die Länder gehen von deutlich höheren Zahlen aus. Sie tragen zwei Drittel der Kosten für den Unterhaltsvorschuss, der Bund ein Drittel. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat den Ländern angeboten, sie um 150 Millionen Euro zu entlasten, womit sie noch 380 Millionen Euro zu tragen hätten. Sie verlangen aber, der Bund solle die Kosten der Reform komplett übernehmen.
Eine Lösung könnte es frühestens am 8. Dezember geben, wenn Schäuble und die Ministerpräsidenten zu Beratungen über die Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zusammenkommen. Schwesig und SPD-Chef Gabriel haben mehrfach deutlich gemacht, dass die Einigung über die Unterhaltsreform Bestandteil der Bund-Länder-Einigung über die Finanzen sein müsse.
Schwesig bekräftigte angesichts des Streits, Alleinerziehende müssten besser unterstützt werden - auch, um Kinderarmut zu vermeiden. In Deutschland leben 1,6 Millionen Alleinerziehende, das sind 20 Prozent aller Familien mit Kindern. Zwei Millionen Kinder wachsen in Ein-Eltern-Familien auf, zu 90 Prozent sind es die Mütter, die nach der Trennung für die Kinder sorgen. Ihr Armutsrisiko ist mehr als viermal so hoch wie das von Paarfamilien. Die Hälfte bekommt vom Ex-Partner gar keinen Unterhalt.