sozial-Recht

Bundesverfassungsgericht

Streit um Persönliches Budget erfordert schnelle Klärung




Mit einem Persönlichen Budget bezahlen Behinderte ihre Helfer selbst.
epd-bild/Rolf Zöllner
Ein vor Gericht ausgetragener Streit um die Höhe des Persönlichen Budgets eines behinderten Menschen müssen die Richter möglichst schnell ausräumen. Das Bundesverfassungsgericht hält es unzumutbar, die Betroffenen lange warten zu lassen.

Behinderte Menschen sollen mit ihrem vom Sozialhilfeträger gezahlten Persönlichen Budget notwendige Assistenz- und Hilfskräfte selbst beschäftigen können. Muss die Höhe der Sozialleistung jedoch gerichtlich geklärt werden, muss dies im Interesse des Hilfebedürftigen im Gerichtsverfahren schnell geschehen, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am 19. September veröffentlichten Beschluss.

Auf Hilfe angewiesen

Vor Gericht war ein Mann gezogen, der seit seiner frühkindlichen Hirnschädigung auf ständige Pflege und Unterstützung angewiesen ist. Bei seinem Sozialhilfeträger beantragte er daher ein sogenanntes Persönliches Budget. Die 2008 eingeführte Teilhabeleistung soll ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen, indem behinderte und pflegebedürftige Menschen statt Sachleistungen Geld erhalten. Damit haben sie die Möglichkeit, sich beispielsweise selbst ihre Pflegekräfte zu organisieren. Die Höhe des Persönlichen Budgets richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

Um die Höhe gab es in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Verfahren aber Streit. Im gerichtlichen Eilverfahren erwirkte der behinderte Beschwerdeführer vorläufig eine höhere Zahlung für einen vergangenen Bewilligungszeitraum bis Juli 2015. Das Geld benötigte er, um Löhne und Sozialabgaben für seine selbst eingestellten Pflege- und Assistenzkräfte zahlen zu können. In der Hauptsache hat das Gericht noch nicht abschließend über die Höhe des Persönlichen Budgets entschieden.

Anspruch auf effektiven Rechtsschutz

Als der Sozialhilfeträger für den Bewilligungszeitraum bis Juli 2016 erneut ein verringertes Persönliches Budget zahlte, wollte der Hilfebedürftige im gerichtlichen Eilverfahren bis auf Weiteres höhere Leistungen erwirken. Das Landessozialgericht (LSG) Mainz lehnte diesmal im Eilverfahren die höhere Zahlung ab. Der Mann sei mittlerweile sieben Monate mit dem geringeren Satz ausgekommen. Offenbar reiche dies zur Sicherstellung seiner Versorgung aus.

Damit wurde der Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz verletzt, entschied das Bundesverfassungsgericht. Die Verfassungsbeschwerde sei "offensichtlich begründet". Der Beschwerdeführer könne nicht bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens warten, um ein höheres Persönliches Budget zu erhalten.

Er habe belegt, dass seine finanziellen Kapazitäten vollständig ausgeschöpft sind. Ihm drohe die Privatinsolvenz. Das LSG hätte dies berücksichtigen müssen und den Antrag des Mannes nicht mit dem schlichten Hinweis ablehnen dürfen, dass dieser in den letzten Monaten doch alles bezahlen konnte. Das Gericht müsse über das Eilverfahren neu entscheiden.

Az.: 1 BvR 1630/16

Frank Leth

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