sozial-Politik

Ehrenamt

Soziologin sieht Gefahr eines "Community-Kapitalismus"



Vor einem Missbrauch ehrenamtlichen Engagements hat die Jenaer Soziologin Silke van Dyk gewarnt. Zwar sei kaum etwas im wörtlichen Sinne "ehrenwerter" als freiwillige erbrachte soziale Leistungen, doch gehe diese allseits gelobte Entwicklung mit einem tiefgreifenden Strukturwandel des Wohlfahrtsstaates einher, erklärte die Wissenschaftlerin der Schiller-Universität am 19. September in Jena.

Mit dem Paradigmenwechsel vom fürsorgenden zum aktivierenden Sozialstaat werde immer mehr qualifizierte Arbeit von geringfügig Beschäftigten geleistet oder sogar von unbezahlten Kräften. "Dies führt praktisch zu einer Informalisierung von Erwerbsarbeit", so die Soziologin. Zu beobachten sei eine Art "Community-Kapitalismus", der sich gezielt der Ressourcen der Gemeinschaft bediene.

Welche Auswirkungen dies habe, untersuche sie in einem aktuellen Forschungsprojekt. Dabei will die 43-Jährige, die im Sommer den Lehrstuhl für Politische Soziologie in Jena übernommen hat, den Wohlfahrtsstaat auch in anderen Bereichen unter die Lupe nehmen, etwa bei den gesellschaftlichen Folgen des demografischen Wandels.

Hierbei störten sie vor allem die regelmäßig aufkommenden Debatten über die "Vergreisung der Republik" oder eine "Rentnerschwemme". "Bei all dem Alarmismus ist bislang nicht geklärt, warum eine Gesellschaft weniger gut funktionieren soll, in der der Altersdurchschnitt langfristig steigt", sagte die Soziologin. In der Folge könnte man stattdessen in vielen Bereichen heute eine Altersdiskriminierung ausmachen, sagte van Dyk.


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