sozial-Branche

Senioren

Altersforscher kritisiert Konkurrenzkampf in der Pflege



Die Altenpflege in Deutschland ist aus Sicht des Freiburger Altersforschers Thomas Klie zu stark vom wirtschaftlichen Konkurrenzkampf dominiert. Einrichtungen und Anbieter stünden in einem ständigen Wettbewerb, sagte der Gerontologe am Rande einer Tagung der evangelischen Altenhilfe in Niedersachsen in Braunschweig dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das führe dazu, dass eigentlich keiner mehr die Gesamtverantwortung dafür trage, dass ein Mensch rund um die Uhr versorgt werde.

Die Folge seien schlimmstenfalls auch "menschenrechtliche Probleme", warnte der Wissenschaftler. Etwa 20 Prozent der Demenzkranken, die zu Hause versorgt würden, seien eingesperrt oder mit Medikamenten ruhiggestellt.

Deutschland habe im internationalen Vergleich eine hohe Quote pflegender Familienangehörigen, erläuterte Klie. Die Aufgabe werde mehrheitlich von Frauen wahrgenommen. Künftig werde allerdings auch aufgrund der zunehmenden Berufstätigkeit von Frauen eine immer größere Lücke klaffen zwischen denjenigen, die auf Pflege angewiesen seien, und denen, die diese Aufgabe noch übernähmen.

Viele pflegende Angehörige mache diese Aufgabe krank und depressiv, mahnte der Wissenschaftler der Evangelischen Hochschule Freiburg. Zudem würden im Jahr 2030 den Prognosen zufolge allein in der stationären Langzeitpflege schätzungsweise eine halbe Million Pflegekräfte fehlen. Die Reform der Pflegeversicherung, die er grundsätzlich begrüße, gehe auf viele dieser Probleme noch nicht ein. Neue politische Konzepte würden dringend gebraucht.

Bei der Altenpflege sollte sich Deutschland etwa stärker an kommunalen Strukturen orientieren, forderte Klie. Nur wenn der unterschiedliche Unterstützungs- und Pflegebedarf in den Regionen berücksichtigt werde, könne die Pflege dort künftig gesichert werden. Skandinavische Länder oder die Niederlande, die dieses Konzept bereits umsetzten, stünden sehr viel besser da.

Klie sprach bei der Jahrestagung des Niedersächsischen Evangelischen Verbandes für Altenhilfe und Pflege (NEVAP). Zu dem Fachverband gehören 170 Träger mit 293 ambulanten, teilstationären und stationären Einrichtungen.

Charlotte Morgenthal

« Zurück zur vorherigen Seite

Weitere Themen

Preise für PR-Strategien christlicher Krankenhäuser

Für vorbildliche Öffentlichkeitsaktionen erhielten konfessionelle Krankenhäuser den undotierten PR-Preis der Christlichen Krankenhäuser in Deutschland (CKiD). Er wurde ihnen am 21. Juni in Berlin auf der CKiD-Jahrestagung verliehen. Eine Jury aus PR-Profis und Journalisten hatte dazu unter 32 Einsendungen in fünf Kategorien die Sieger bestimmt.

» Hier weiterlesen

Mehr Schutz für Flüchtlingsfrauen gefordert

In einem offenen Brief an Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) haben die Evangelischen Frauen in Deutschland die Situation von Flüchtlingsfrauen und ihren Kindern bemängelt. "Von Gewalt bedrohte Frauen und Kinder benötigen Schutzräume wie getrennte Unterkünfte und separate, abschließbare Schlaf- und Waschräume", sagte die Vorsitzende Susanne Kahl-Passoth am 22. Juni in Hannover. Auch benötigten sie dringend eine angemessene medizinische und psychologische Betreuung.

» Hier weiterlesen

Flüchtling mit besonderem Schutzbedarf

Ohne Beine ist Mohammed aus Syrien nach Deutschland geflohen. Nun ist er in einem Heim für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge untergebracht. Dort sind die Standards etwas höher als in den üblichen Heimen.

» Hier weiterlesen