Ausgabe 25/2016 - 24.06.2016
Berlin (epd). Karl-Josef Laumann outete sich auf der Jahrestagung der 640 konfessionellen Krankenhäuser in Deutschland am 22. Juni in Berlin als "Fan christlicher Kliniken". Allerdings zeigte sich der Patientenbeauftragte und frühere NRW-Gesundheitsminister als Fan, der nicht ganz zufrieden ist und der deshalb Forderungen stellt. So gibt es nach der Auffassung des katholischen CDU-Politikers noch zu viel unnötiges Konkurrenzverhalten zwischen evangelischen und katholischen Häusern. Laumann empfahl mehr Kooperation, Absprachen und ökumenische Klinikverbünde. "Wir leben doch nicht in Zeiten der Reformation", drückte er sein Unverständnis aus.
Die Vertreter der christlichen Krankenhäuser empfanden Laumanns Kritik als überzogen und nicht ganz durch die Wirklichkeit gedeckt. So verwies Christoph Radbruch als Vorsitzender des evangelischen Klinikverbandes DEKV auf seine persönlichen Erfahrungen in Magdeburg. Dort betreibe seine Klinik, die Pfeifferschen Stiftungen, seit vielen Jahren mit der Caritas eine gemeinsame Gesellschaft. Auch zeigten die offiziellen Statistiken, dass die Zahl der kleinen Einzelhäuser zugunsten von Klinikverbünden zurückgehe. Dennoch räumte Radbruch ein, dass der Wille zur Kooperation nicht ausreichend vorhanden sei. Er machte hierfür aber weniger die Manager der christlichen Häuser verantwortlich als vielmehr ihre klerikalen Aufsichtsräte, wenn diese mehr auf Prinzipien als auf betriebswirtschaftliche Notwendigkeiten achteten.
Der Sozialpolitiker Laumann rechnet es den kirchlichen Krankenhäusern hoch an, dass sie Wert auf ordentliche Löhne legten. "In Regionen, in denen christliche Häuser stark sind, gilt weitgehend Tarifbindung. Da gelingt es den Privaten nicht, bis zum Geht-nicht-mehr die Löhne zu drücken", polterte Laumann. Dennoch ist klar: Für die 640 kirchlichen Krankenhäuser gelten die gleichen Rahmenbedingungen wie für die übrigen rund 1.350 Krankenhäuser in Deutschland. Oder, wie es der AOK-Bundesvorsitzende Martin Litsch sagte: "Gemeinnützige Häuser dürfen nicht teurer sein."
Wie können sich christliche Krankenhäuser unter diesen Bedingungen profilieren? Was macht sie für Patienten zum Krankenhaus ihrer Wahl? Radbruch stellte dazu klar: "Die Menschen kommen nicht zu uns, weil wir evangelisch oder katholisch sind." Sie kämen, weil sie gute fachliche Qualität erwarteten - und außerdem menschliche Zuwendung. Und beim letzten Aspekt könnten die christlichen Häuser punkten, denn laut Radbruch ist dies weniger eine Frage des Personalschlüssels als vielmehr der "Haltung der Beschäftigten". Zugleich sei dies eine besondere Schwierigkeit für die Geschäftsleitungen, denn "Haltung", ein gemeinsamer spirit der Belegschaft, sei nicht durch herkömmliche Managementmethoden zu erzielen.
Als einen Vorzug christlicher Krankenhäuser stellte Ansgar Veer vom katholischen Krankenhausverband KKVD heraus, dass sie mit ihren Gewinnen keine share-holder-values bedienten. "Wir investieren unsere Gewinne in unsere Einrichtungen." Damit fließe das Geld zurück an Patienten und Beschäftigte.
Laumann machte den Kliniken einen weiteren Vorwurf: "Viele fürchten Transparenz wie der Teufel das Weihwasser." Er wünsche sich mehr Internetauftritte von Krankenhäusern, in denen sie ihre Qualität in nachvollziehbarer Weise und für Laien verständlich darstellten. Und für ihre Lobby, die Krankenhausgesellschaft, hatte er auch noch einen Rat: Sie solle nicht ständig jammern. "Denn wer ständig jammert, dem glaubt man nicht."
Es gab auch Einigkeit zwischen dem Politiker, der AOK und den Klinikvertretern: nämlich in der Klage über den Investitionsstau. Die Bundesländer, die nach dem Gesetz für die Investitionsfinanzierung zuständig sind, verweigerten hier seit Jahren die Mittel. Dies habe zur Folge, dass die Kliniken Geld für Sanierungszwecke ausgeben, das ihnen dann an anderer Stelle fehlt.
Ein Defizitbereich soll nun mit dem Krankenhausstrukturgesetz ab 2017 angegangen werden: Die Behandlung der vielen Notfälle, die Krankenhäuser aufnehmen, weil sie von den ambulant tätigen Ärzten nicht ausreichend versorgt werden, wird ab 2017 höher vergütet.