Ausgabe 25/2016 - 24.06.2016
Berlin (epd). Wirtschaftlich erfolgreiche Krankenhäuser verfolgen nach einer Studie in der Regel vorausschauende Strategien und zeigen Mut bei Investitionsentscheidungen. Hingegen erzielten Kliniken, die in erster Linie auf die Verbesserung interner Abläufe setzen, seltener finanzielle Überschüsse. Zu diesem Ergebnis kommt eine am 21. Juni auf der gemeinsamen Jahrestagung der beiden christlichen Krankenhausverbände in Berlin vorgestellte Studie der Technischen Universität Dortmund und der TU Berlin, die das strategische Verhalten der konfessionellen Krankenhäuser in Deutschland untersuchte. An der Studie beteiligten sich nach den Angaben von Mai bis Oktober des vergangenen Jahres 102 Krankenhäuser.
Vor dem Hintergrund, dass die umfassenden Krankenhausreformen der vergangenen Jahre zum Ziel haben, den Wettbewerb im stationären Gesundheitswesen zu intensivieren, sei die Entscheidung für die richtige Unternehmensstrategie entscheidend für die Zukunftschancen des jeweiligen Hauses, sagte die Studienautorin Maximiliane Wilkesmann von der TU Dortmund dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die meisten Krankenhäuser seien bereits heute mit "ausgeprägten Finanzierungsengpässen" konfrontiert. Gerade deshalb sei eine Überprüfung der strategischen Positionierung "essenziell, um den langfristigen Fortbestand des Krankenhauses zu sichern".
Die 640 christlichen Krankenhäuser, die knapp ein Drittel der fast 2.000 Kliniken in Deutschland ausmachen, weisen laut der Studie große Unterschiede bei der Strategieauswahl und ihrer Umsetzung aus. Dabei stellten die Wissenschaftler, Maximiliane Wilkesmann und Maik Lachmann von der TU Berlin, fest, dass der Wettbewerbsdruck der Kliniken sich je nach Region deutlich unterscheidet. Danach ist der Wettbewerb in Nordrhein-Westfalen am intensivsten.
Insgesamt befassen sich die meisten christlichen Krankenhäuser umfassend mit strategischen Fragestellungen und positionieren sich entsprechend in der Krankenhauslandschaft, wie die Autoren schreiben. Als zentrale Erkenntnisse der Studie halten sie fest: Bei der Mehrheit der Klinikmanager steht die Erhöhung der Versorgungsqualität im Fokus. Daher setzten sie überwiegend darauf, in Zusammenarbeit mit leitenden Ärzten neue Produkte und Leistungen zu entwickeln.
Gemeinsam ist vielen christlichen Krankenhäusern, dass sie Wachstum anstreben. Dies geschieht, indem sie neue medizinische Abteilungen aufbauen, Spezialzentren gründen und die ambulanten Dienste ausweiten. Nur jedes zehnte Krankenhaus (neun Prozent) hat in den vergangenen fünf Jahren Abteilungen geschlossen.
Um den Erfolg des strategischen Kurses zu kontrollieren, lassen sich die Geschäftsführer in der Regel monatlich einen Bericht über die Liquiditätsentwicklung des Klinikbetriebs sowie über die durchschnittliche Verweildauer der Patienten vorlegen. Daneben würden ihnen auch häufig Rückmeldungen von Patienten wie Beschwerden, Lob oder Anregungen berichtet.
Evangelische und katholische Krankenhäuser wollen laut der Studie meist auch als christliche Häuser für die Patienten klar erkennbar sein. Dabei habe für 81 Prozent der befragten Häuser ein "fundiertes Seelsorgekonzept" einen hohen Stellenwert. Außerdem werde darauf geachtet, Führungskräfte mit christlichen Wertvorstellungen einzustellen. Denn sie sollen das Krankenhaus entlang christlich-ethischer Prinzipien leiten.
Die Autoren kennzeichnen jedes fünfte Krankenhaus (21 Prozent) als strategische Pioniere. Diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie potenzielle Marktchancen frühzeitig erkennen und ausschöpfen. Jede vierte Klinik (24 Prozent) verfolgt demnach defensive Strategien, die sich auf die Optimierung bestehender interner Prozesse konzentrieren. Bei ihnen ist der Organisationsaufbau stark zentralisiert, und die interne Organisation erfolgt entlang hierarchischer Strukturen, wie es in der Studie heißt.
Mit 13 Prozent stellen Kliniken, in denen "umsichtige Analysten-Strategien" verfolgt werden, die kleinste Gruppe. Dort versuchten die Geschäftsführer, mögliche Risiken auf der einen und Profitchancen auf der anderen Seite auszubalancieren. In den übrigen Häusern werden laut Studie Mischformen dieser drei Strategietypen angewandt.
Die Krankenhäuser treffen ihre strategischen Entscheidungen vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher Wettbewerbsintensitäten in den Städten und Landkreisen. So benutzen die Studienautoren als "objektives Messinstrument" hierfür die Anzahl der Konkurrenten im näheren Umfeld des Krankenhauses. In etwa die Hälfte der Krankenhäuser (53 Prozent) weist nach den Angaben in einem Umkreis von 30 Kilometern zehn Krankenhäuser oder weniger auf (geringe Wettbewerbsintensität). Unter hohem Druck stehen Krankenhäuser, die in ihrer direkten Umgebung mit mehr als 50 Krankenhäusern konkurrieren (zehn Prozent). Jeder vierte Klinikmanager (26 Prozent) stimmte in der Befragung folgender Aussage zu: "Die Marktsituation ist sehr angespannt; ein falscher Schritt kann zum finanziellen Ruin führen."