Ausgabe 14/2016 - 08.04.2016
Mainz/Frankfurt a.M. (epd). Diakonie und Caritas haben die drastisch zunehmende Zahl der Inhaftierten im Ingelheimer Abschiebegefängnis beklagt. Nach wie vor werde Abschiebehaft in vielen Fällen rechtswidrig angeordnet, teilten die kirchlichen Wohlfahrtsverbände am 5. April in einer gemeinsamen Erklärung mit. Es sei zu befürchten, dass Abschiebegefängnisse als Abschreckungsinstrument künftig häufiger genutzt würden.
Ein von den Caritas- und Diakonieverbänden in Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg finanzierter Rechtshilfefonds trug den Angaben zufolge dazu bei, dass in 15 von 39 betreuten Fällen die Haftentlassung der Betroffenen durchgesetzt werden konnte. Bei weiteren sechs Personen hätten Gerichte nachträglich die Rechtswidrigkeit der Haft festgestellt, nachdem die Ausländer bereits abgeschoben worden waren.
Der Vorstandsvorsitzende der Diakonie Hessen, Wolfgang Gern, beklagte, mit dem Verzicht auf die komplette Abschaffung der Abschiebehaft sei eine "historische Chance" vertan worden. "Wir wissen, dass Abschiebungshaft krank macht und extrem teuer ist", sagte er. "Außerdem stellen wir grundsätzlich infrage, dass Menschen eingesperrt werden, die bei uns Schutz suchen."
Das ursprünglich für die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland gebaute Abschiebegefängnis in Ingelheim sollte nach den Plänen der rot-grünen Landesregierung eigentlich komplett geschlossen werden. Stattdessen wurden letztlich lediglich die Haftbedingungen verbessert und die Anzahl der Haftplätze reduziert.
Während die "Gewahrsamseinrichtung für Ausreisepflichtige" in früheren Jahren zeitweise so gut wie ungenutzt blieb, stieg die Zahl der Inhaftierten seit 2013 wieder deutlich an. Wurden im gesamten Jahr 2013 noch weniger als 100 Inhaftierungen in Ingelheim registriert, stieg die Zahl 2014 auf 164 und 2015 auf 230 an. Anfang 2016 wurden zeitweise wieder mehr als 30 Personen aus dem gesamten südwestdeutschen Raum gleichzeitig in dem Gefängnis festgehalten. Auch Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg nutzten die Einrichtung wegen fehlender eigener Kapazitäten.