sozial-Politik

Wertevermittlung

Info-Broschüre für Flüchtlinge sorgt für Irritationen




Ein Info-Comic soll Flüchtlingen europäische Werte vermitteln.
epd-bild/Reinsch/Ackermann
Immer wieder wird diskutiert, wie man Flüchtlingen Werte und Regeln in Deutschland vermittelt kann. Jetzt hat der Schwarzwald-Baar-Kreis einen Info-Comic herausgegeben. Kann das darin verwendete "Daumen hoch"-Symbol missverstanden werden?

Mit einem neu herausgegebenen Info-Comic vermittelt der Schwarzwald-Baar-Kreis Flüchtlingen, welche Werte und Regeln im Alltag in Deutschland wichtig sind. Ohne viele Worte, aber mit vielen Bildern werden in der Broschüre mit dem Titel "Ankommen in Deutschland - Informationen für Flüchtlinge" auf fast 40 Seiten wichtige Alltagsthemen angesprochen.

"Daumen hoch", "Daumen runter"

Die Comiczeichnungen des Berliner Grafikerpaars Heike Reinsch und Titus Ackermann zeigen Figuren, die über unterschiedliche Themen sprechen und "Meinungen zulassen". Zu sehen sind etwa ein Mann und eine Frau mit zwei Kindern, ein schwules und ein lesbisches Paar und ein Mann in Frauenkleidern. Darüber steht: "Sexualität tolerieren" nicht nur in Deutsch, sondern auch in Englisch, Persisch und Arabisch. Dazu das "Daumen hoch"-Symbol.

"Daumen runter" bekommen solche Zeichnungen von Handlungen, die in Deutschland inakzeptabel sind: etwa eine Frau begrapschen. Erreicht werden sollen damit alle Flüchtlinge, insbesondere aber diejenigen, die nicht die gängigen Sprachen lesen können oder sogar Analphabeten sind.

Seitdem der Südwestrundfunk (SWR) über die Broschüre berichtet hat, wird über das "Daumen hoch"-Symbol im Netz kontrovers diskutiert. Das Zeichen steht in Europa und Nordamerika für "super", "alles in Ordnung" oder "gefällt mir". Doch einige Nutzer haben darauf hingewiesen, dass der nach oben zeigende Daumen in arabischsprachigen Ländern als obszöne Geste gelte. Er entspreche der Bedeutung des gestreckten Mittelfingers.

Streit über Zeichensprache

Die Berliner Tageszeitung "taz" schreibt, dass Flüchtlinge merken würden, "dass hier ein Missverständnis vorliegen muss." Trotzdem kommentiert sie die Broschüre als peinlichen Ausrutscher "für diejenigen, die hier interkulturelle Kompetenz vermitteln wollten - und stattdessen einfach mal den interkulturellen Stinkedaumen in die Runde gezeigt haben".

"Quatsch", sagte Pressesprecherin Heike Frank dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Wir haben das Symbol nicht aus Gedankenlosigkeit verwendet." In Zeiten moderner Kommunikationsmittel, die auch von Flüchtlingen genutzt würden, werde das "Daumen hoch"-Symbol international verstanden. Nicht zuletzt werde das Symbol weltweit etwa auch im Internet bei Facebook zum "Liken" verwendet.

Auch Zeichner Titus Ackermann weist die Bedenken zurück. Er habe die Broschüre vor Veröffentlichung Zeichnerkollegen im Libanon und in Ägypten gezeigt. Dabei sei es aber nicht um das Symbol gegangen, sondern vielmehr darum, ob die Zeichnungen in deren Kulturkreis verstanden würden. Er habe nur positive Rückmeldungen erhalten, sagte Ackermann dem epd. Keiner habe ihn darauf angesprochen, dass das Zeichen als "Stinkefinger" missverstanden werden könne.

Christine Süß-Demuth

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