Ausgabe 13/2016 - 01.04.2016
Berlin (epd). Vor dem Hintergrund des EU-Türkei-Abkommens in der Flüchtlingspolitik hat die Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering (SPD) eine Beobachtung der Menschenrechtslage in türkischen Flüchtlingslagern gefordert. "Wenn Europa es mit der Hilfe ernst meint, dann muss ein solch weitreichendes Abkommen auch einen Mechanismus zur Einhaltung der Menschenrechte etablieren", sagte die Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe des Bundestags dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Ich stelle mir eine Art Monitoring für Menschenrechte in der Türkei vor", sagte sie. Sie forderte die Bundesregierung auf, ein solches Vorhaben voranzutreiben und zu unterstützen.
"Das bezieht sich beispielsweise auf den Schutz von Frauen, Kindern und Behinderten in Flüchtlingslagern", sagte Müntefering. Immer wieder seien schreckliche Lebensgeschichten zu hören, die deutlich machten, wie nötig es sei, dass Menschenrechtsorganisationen wachsam sind.
"Wo so viele Menschen in bedrohlicher Lage sind, da sind auch die Menschenrechte bedroht", sagte Müntefering, die auch Berichterstatterin der SPD-Fraktion für den Nahen und Mittleren Osten im Auswärtigen Ausschuss ist. Bei einem Monitoring könnte beispielsweise das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) eine Rolle spielen, schlug Müntefering vor.
Die SPD-Abgeordnete aus dem Ruhrgebiet verteidigte insgesamt das Abkommen zwischen der EU und der Türkei. Es zeige, dass Europa bereit sei, nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. "Das ist das wichtigste Signal, denn der europäische Staatenbund hat in den vergangenen Monaten selten eine gute Figur gemacht", sagte Müntefering.
Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass die Türkei mit 2,7 Millionen Flüchtlingen das Land ist, "das bislang mehr Menschen Sicherheit vor dem Bürgerkrieg bietet als die gesamte Europäische Union", sagte sie. Zum Abkommen mit der Türkei gehöre auch, dass die EU nun dabei helfe, diesen Menschen in der Türkei eine Bleibeperspektive zu geben. "Türkische Kollegen sagen mir, dass sie Hilfe brauchen vor allem bei der Beschulung von Kindern", sagte Müntefering. Seit 2011 seien in der Türkei über 150.000 Babys geboren worden alleine von syrischen Flüchtlingen.
"Es gibt jetzt die ersten 50 Millionen Euro für 110.000 Schüler. Das ist richtig und gut vereinbart", betonte die Abgeordnete. Müntefering räumte ein, die Türkei sei "sicherlich kein einfacher Partner". Die innenpolitische Entwicklung sei besorgniserregend, insbesondere was die Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit und damit auch demokratischer Rechte betrifft. "Hier braucht es deutliche Kritik und die habe ich auch", sagte sie.