Ausgabe 10/2016 - 11.03.2016
Karlsruhe (epd). Die Zusatzversorgung von bis zu 1,7 Millionen Angestellten im öffentlichen Dienst unter 55 Jahren ist teilweise gleichheitswidrig und muss neu geregelt werden. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 9. März in Karlsruhe entschieden.
Die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) mit Sitz in Karlsruhe organisiert eine Altersversorgung für Angestellte im öffentlichen Dienst. Beteiligt sind der Bund, die Länder sowie zahlreiche kommunale und andere öffentliche Arbeitgeber. Versichert sind insgesamt 4,4 Millionen Arbeitnehmer, an 1,2 Millionen Ruheständler zahlt die VBL Leistungen aus. Zudem orientieren sich die kirchlichen Versorgungsträger an der VBL.
Hintergrund der jetzt vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fälle war eine Umstellung des VBL-Systems weg von einer Gesamtversorgung der Angestellten hin zu einem auf einem Punktemodell beruhenden beitragsorientierten Betriebsrentensystem. Die 2002 beschlossene Systemumstellung galt rückwirkend zum 31. Dezember 2001.
Angestellte, die bis dahin Rentenanwartschaften erworben hatten, erhielten mit dem neuen System sogenannte Startgutschriften, die die bis dahin gesammelten Anwartschaften berücksichtigen sollten. Am 14. November 2007 hatte der Bundesgerichtshof die Systemumstellung im Grundsatz zwar gebilligt. Erst spät in den öffentlichen Dienst eingetretene Angestellte seien aber bei der Ermittlung der Startgutschriften gleichheitswidrig benachteiligt worden, monierte das Gericht. Die VBL änderte daraufhin ihre Satzung, so dass "rentenferne Versicherte" unter 55 höhere Startgutschriften erhalten sollten.
Doch auch diese Änderung hatte vor dem BGH keinen Bestand. Die Rentenanwartschaften für alle Angestellten, die zum Zeitpunkt der Systemumstellung höchstens 55 Jahre alt waren, würden auch mit der Satzungsänderung nicht verbindlich festgelegt. Die Neuregelung würde immer noch eine Vielzahl Versicherter ungleich behandeln. Damit muss die Versorgungsanstalt ihre Satzung noch einmal ändern und die Startgutschriften verbindlicher festlegen.
Az.: IV ZR 9/15 und IV ZR 168/15 (BGH-Urteile vom 9. März 2016)
Az.: IV ZR 74/06 (BGH-Urteil vom 14. Novenmber 2007)