sozial-Recht

Bundessozialgericht

Unbefristetes Krankengeld für Versorgung eines sterbenden Kindes



Können Eltern wegen eines sterbenskranken Kindes nicht arbeiten gehen, haben sie grundsätzlich unbefristet Anspruch auf Krankengeld. Das gelte selbst dann, wenn ein Elternteil zusätzlich noch wegen der Geburt eines weiteren Kindes in Elternzeit geht und Elterngeld bekommt, urteilte das Bundessozialgericht am 18. Februar in Kassel.

Grundsätzlich können Arbeitnehmer bei einem erkrankten Kind unter zwölf Jahren bis zu zehn Tage im Jahr zu Hause bleiben und es betreuen. Bei Alleinerziehenden sind es 20 Tage im Jahr. Die gesetzlichen Bestimmungen sehen aber auch Ausnahmen vor. So besteht über diese Fristen hinaus ein Anspruch, wenn das Kind eine schwere unheilbare Krankheit hat und wohl nur noch Wochen oder Monate zu leben hat.

Im konkreten Fall hatte eine Mutter aus Berlin geklagt, deren Sohn an der Stoffwechselerkrankung Adrenoleukodystrophie (ALD) litt. Das Kind starb elfjährig im August 2012. Die Erkrankung, die von der Mutter auf den Sohn vererbt wird, geht mit einem neurologischen Verfall und Demenz im Endstadium einher.

Die Mutter, eine angestellte Arzthelferin, konnte wegen der Betreuung ihres sterbenskranken Sohnes nicht mehr arbeiten gehen. Sie erhielt daher rund 700 Tage lang Krankengeld. Als die Frau ein weiteres Kind bekam und Elterngeld erhielt, wollte die Krankenkasse kein Krankengeld mehr zahlen.

Das Bundessozialgericht urteilte, dass nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Bestimmungen die Klägerin auch während ihrer Elternzeit das Krankengeld beanspruchen könne. Der Anspruch auf Kinderkrankengeld sei auch "grundsätzlich unbefristet", wenn die ärztlichen Prognosen über die Lebensdauer des Kindes nicht zutreffen. Mittlerweile arbeitet die Mutter wieder bei ihrem Arbeitgeber, einem niedergelassenen Arzt.

AZ: B 3 KR 10/15 R


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