Ausgabe 08/2016 - 26.02.2016
Kassel (epd). Nicht nur Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen können den gesetzlichen pauschalen "Wohngruppen"-Zuschlag beanspruchen. Auch bei der Pflege mehrerer Personen in einer Großfamilie ist dies nicht ausgeschlossen, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am 18. Februar. Allerdings ist der Zuschlag nur für zusätzliche Aufwendungen für die Organisierung des gemeinsamen Wohnens gedacht. Er soll nicht für die Aufstockung von Pflege oder rein familiären Leistungen dienen.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen können Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen "zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung" monatlich einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 205 Euro beanspruchen. In der Wohnform sollen mindestens drei und höchstens zwölf Menschen leben. Drei von ihnen müssen pflegebedürftig sein.
Im jetzt entschiedenen Fall hatte eine 1927 geborene pflegebedürftige Frau den Zuschlag von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See beansprucht. Sie lebe in ihrer Großfamilie in einem "Mehrgenerationenhaus" mit abgeschlossenen Wohneinheiten auf einem landwirtschaftlichen Hof, machte sie geltend. Ihre Schwiegertochter übernehme die Pflege für sie, ihren Mann und ihren behinderten Sohn.
Doch der Antrag wurde abgelehnt. Mit dem Zuschlag wolle der Gesetzgeber die häusliche Pflege in neuen Wohnformen fördern, nicht aber Leistungen der familiären Pflege aufstocken. Der Zuschlag sei zur Finanzierung einer "Präsenz- oder Koordinierungskraft" gedacht, die das gemeinschaftliche Zusammenleben über der Pflege hinaus organisiert.
Das BSG urteilte, dass Familienverbände nicht generell von dem Zuschlag ausgeschlossen sind, so dass auch keine verfassungswidrige Benachteiligung von Familien bestehe. Mit dem Geld solle aber nicht die häusliche Pflege aufgestockt werden. Die Mitglieder der Wohngruppe sollen vielmehr die Möglichkeit haben, gemeinsam eine Person zu beauftragen, die das Zusammenleben organisiert.
Dabei müsse deren Aufgabe deutlich von der individuellen Pflege und den familiären Verpflichtungen abgegrenzt werden. Im vorliegenden Fall sei dies nicht geschehen, so dass kein Anspruch auf den Wohngruppenzuschlag besteht.
Az.: B 3 P 5/14 R