Ausgabe 06/2016 - 12.02.2016
Berlin (epd). Nicht-EU-Bürger, die im Rahmen des Familiennachzugs zu ihren in Deutschland lebenden Angehörigen ziehen, haben sofort Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Der gesetzliche generelle Ausschluss von Hartz-IV-Leistungen in den ersten drei Monaten, greift hier nicht, entschied das Sozialgericht Berlin in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 16. Juli 2015. Die Berliner Richter sprachen damit einer Frau und ihrer Tochter Hartz-IV-Leistungen zu. Sie waren mit einem Visum der Deutschen Botschaft zur Familienzusammenführung zu ihrem staatenlosen Ehemann und Vater nach Deutschland eingereist.
Dieser verfügte über eine Aufenthaltserlaubnis und stand im Arbeitslosengeld-II-Bezug. Da er seine Frau und seine Tochter nicht unterhalten konnte, stellten sie ebenfalls einen Antrag auf Hilfeleistungen.
Das Jobcenter Berlin-Reinickendorf lehnte diesen ab und berief sich dabei auf den gesetzlichen Hartz-IV-Ausschluss für ausländische Arbeitnehmer und Selbstständige und ihre Familienangehörigen in den ersten drei Monaten ihres Aufenthaltes.
Das Sozialgericht sprach der Familie jedoch Hartz-IV-Leistungen per einstweiliger Anordnung zu. Die Ausschlussvorschrift gelte nicht bei einem Familiennachzug in die Bundesrepublik. Die Berliner Richter beriefen sich dabei auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 30. Januar 2013. Darin war ein Algerier zu seiner deutschen Frau im Rahmen des Familiennachzugs nachgereist. Hier hatten die Kasseler Richter entschieden, dass dann der Hartz-IV-Ausschluss nicht gilt.
Doch auch bei einem Familiennachzug zu nichtdeutschen Angehörigen müsse dies gelten, entschied das Sozialgericht Berlin. Dies gebiete der besondere Schutz von Ehe und Familie im Grundgesetz. Vielmehr müsse auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zum Familiennachzug abgestellt werden. Dies sei hier der Fall.
Az.: S 175 AS 13627/15 ER (Sozialgericht Berlin)
Az.: B 4 AS 37/12 R (Bundessozialgericht)