Ausgabe 06/2016 - 12.02.2016
Karlsruhe (epd). Soll für Demenzkranke ein Kontrollbetreuer eingesetzt werden, müssen sie gefragt werden, ob sie dies wollen, stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem jetzt veröffentlichten Beschluss vom 16. Dezember klar. Die Betroffenen müssten allerdings das Für und Wider einer Betreuung abwägen können. Dabei seien aber keine „überspannte Anforderungen“ an ihre Auffassungsgabe zu stellen.
Konkret ging es um einen 1925 geborenen Mann aus Schleswig-Holstein, der an einer leichten bis mittelgradigen Demenz erkrankt ist. Im Oktober 2014 erteilte er Bekannten eine Vorsorgevollmacht.
Als Mitarbeiter der Seniorenberatung des zuständigen Landkreises einen Hausbesuch Ende Januar 2015 abstatteten, hatten sie bei Durchsicht der Kontoauszüge auf einem Konto des Demenzkranken den Verdacht, dass 59.000 Euro fehlten. Nach Anhörung eines Sachverständigen und des Kranken wurde daraufhin vom Amtsgericht eine Berufsbetreuerin mit einer Kontrollbetreuung beauftragt.
Diese konnte den vermeintlichen Fehlbetrag nicht bestätigten. Sie stellte jedoch fest, dass der Demenzkranke die Bevollmächtigten bei einem Notar als Erben eingesetzt hatte.
Der Demenzkranke hatte der Kontrollbetreuung zunächst zugestimmt. Er änderte im Laufe des Verfahrens aber seine Meinung und legte dagegen Beschwerde ein.
Das Landgericht hielt die Kontrollbetreuung für zulässig. Denn es gebe erhebliche Bedenken gegen die Redlichkeit der Bevollmächtigten. So habe der Betroffene angegeben, dass er das Schriftstück zur Erbeinsetzung beim Notar nicht verstanden habe. Notar und Bevollmächtigte hätten ihm erklärt, dass er das Testament unterschreiben müsse, obwohl er erklärt habe, dass er keine Erben bestimmen wolle und nur die Familie, nicht jedoch Fremde erben sollten.
Der BGH entschied, dass das Landgericht nicht geprüft habe, ob der Betroffene seinen freien Willen äußerte. Es hätte als Beschwerdeinstanz den Betroffenen erneut noch einmal zur Kontrollbetreuung anhören und herausfinden müssen, warum er sich nun dagegen wendet, zumal der Sachverständige ihn als beeinflussbar eingestuft habe.
Die Bestellung eines Berufs- und Kontrollbetreuers sei nach dem Gesetz nur zulässig, wenn der Betroffene nicht in der Lage ist, seinen freien Willen zu bilden. Eine Demenzerkrankung schließe nicht aus, dass der Kranke einsichtsfähig ist und das Für und Wider einer Betreuerbestellung erkennen und abwägen kann. Überspannte Anforderungen an die Auffassungsgabe des Betroffenen dürften nicht gestellt werden.
Ob ein freier Wille gebildet werden könne, müsse ein psychiatrischer Sachverständiger darlegen. Hier war der beauftragte Gutachter zwar ein Arzt, ob es sich um einen Psychiater handelte, sei aber nicht festgestellt worden, rügte der BGH.
Das Landgericht soll nun prüfen, ob sich der Demenzkranke einen freien Willen zu der Kontrollbetreuung bilden konnte. Wenn der Rücknahme seiner Zustimmung keine einsichtige Entscheidung zugrunde liegt und der Betroffene tatsächlich gegen seinen Willen die Bevollmächtigten in sein Testament eingesetzt habe, könne die Kontrollbetreuung gerechtfertigt sein.
Az.: XII ZB 381/15