Ausgabe 06/2016 - 12.02.2016
Stuttgart (epd). Frauen, die wegen einer Körpergröße von nur 1,48 Meter an erheblichen psychischen Störungen leiden, können keine operative Beinverlängerung auf Krankenkassenkosten fordern. Weder liegt mit dieser Größe eine Abweichung vom Normbereich vor, noch begründen die psychischen Störungen einen Eingriff in den gesunden Körper, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 17. November 2015.
Damit kann eine 1,48 Meter große, heute 23-jährige Frau keine operative Beinverlängerung auf Kassenkosten verlangen. Nach einer an einer Uniklinik durchgeführten ärztlichen Untersuchung sei der Kleinwuchs mit erheblichen psychischen Belastungen verbunden. Ohne eine operative Größenkorrektur sei eine lebenslange psychotherapeutische Behandlung erforderlich.
Die Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme für die beinverlängernde Operation ab. Denn es liege kein "regelwidriger Körperzustand" vor.
Dies bestätigte nun auch das LSG. Angesichts der Bandbreite menschlichen Aussehens sei nicht jede Abweichung ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand. Erst wenn Menschen weniger als 1,41 Meter groß sind, würden sie als "behindert" gelten. Eine Schwerbehinderung liege erst vor, wenn eine Körpergröße von weniger als 1,31 Meter besteht.
Hier liege die Klägerin deutlich über diesen Werten und damit noch im Normbereich. Für eine körperliche Anomalität müssten Auffälligkeiten so ausgeprägt sein, "dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi ‚im Vorbeigehen‘ bemerkbar machen". Auf die subjektive Einschätzung der Klägerin komme es nicht an.
Eine operative Beinverlängerung komme auch nicht in Betracht, um die vorliegenden psychischen Störungen zu behandeln. Denn nach dem Stand der medizinischen Erkenntnisse sei es zweifelhaft, ob solch ein Eingriff in den gesunden Körper zur Überwindung einer psychischen Erkrankung geeignet ist, befand das LSG.
Az.: L 11 KR 5308/14