Das vor einem Jahr in Nordrhein-Westfalen und Bayern gestartete Hilfetelefon für von Gewalt betroffene Männer hat sich nach Ansicht der zuständigen Ministerien bewährt: "Das neue Angebot wurde sehr schnell angenommen - entgegen den Befürchtungen und Vorurteilen, dass Männer keine Hilfe suchen würden", bilanzierte NRW-Gleichstellungsministerin Ina Scharrenbach (CDU) am 19. April in Düsseldorf.

1.825 Kontaktaufnahmen in zwölf Monaten

In den ersten zwölf Monaten zählte die Anlaufstelle, die auch per E-Mail erreicht werden kann, insgesamt 1.825 Kontaktaufnahmen. Von den anrufenden Männern waren demnach 70 Prozent in einer akuten Gewaltsituation. Überwiegend (40 Prozent) sahen sich die Betroffenen von ihrer gegenwärtigen oder früheren Partnerin oder auch von Familienangehörigen bedroht.

In der Mehrzahl der Fälle ging es um körperliche und psychische Gewalt. Sexualisierte Gewalt habe ein Sechstel der Anrufer erlitten. Aber auch aus dem Freundeskreis oder im Beruf hätten einige anrufende Männer Gewalt erfahren. Die Mehrzahl der Anrufenden war mit einem Anteil von 53 Prozent 30 bis 50 Jahre alt, zehn Prozent über 60, weitere zwölf Prozent junge Männer unter 25.

Schutzraum

Beide Bundesländer stellen im Rahmen des gemeinsam entwickelten Projekts auch Wohnungen bereit, in denen von Gewalt betroffene Männer Schutz finden - in NRW acht, in Bayern vier Wohnungen. Bis zu drei Monate können die Betroffenen dort bleiben. Ab diesen Sommer soll es auch eine Online-Beratung mit Chat-Funktion geben. Außerdem will eine diese Woche startende Social-Media-Kampagne das Projekt bekannter machen. Darüber hinaus soll das Hilfetelefon personell verstärkt und die Sprechzeiten erweitert werden.

Das Hilfetelefon für Männer wird nicht nur in NRW und Bayern, sondern bundesweit genutzt, wie die Auswertung des ersten Jahres ergab: 35 Prozent der Anrufe kamen demnach aus NRW, 18 Prozent aus Bayern, der Rest aus den anderen Bundesländern. Baden-Württemberg will nun ein vergleichbares Projekt starten. Sinnvoll sei es, das Angebot langfristig auf alle Bundesländer auszudehnen, betonten Scharrenbach und Bayerns Sozialministerin Carolina Trautner (CSU): "Bayern und NRW haben ein echtes Vorbildprojekt geschaffen."

Betrieben wird das Angebot des Hilfetelefons in NRW über die Beratungsstelle man-o-mann Männerberatung in Bielefeld und in Bayern über die AWO in Augsburg. Bayern und NRW fördern das Projekt durch Zuschüsse. In NRW sind dazu im laufenden Haushalt rund 600.000 Euro eingeplant, Bayern gibt rund zwei Millionen Euro. Zukünftig wird das Projekt verstärkt durch zwei Träger aus Baden-Württemberg, die Sozialberatung Stuttgart e.V. und die Pfundskerle aus Tübingen.