Bielefeld (epd). Die Kirche sollte in der Corona-Krise nach Worten der westfälischen Präses Annette Kurschus keine vorschnellen Antworten geben. "Dass wir im Moment viele Fragen haben, ist kein Ausdruck von Hilflosigkeit", sagte Kurschus am 20. April in einer Online-Diskussion mit Theologenprofessorinnen und -professoren.
"Die Zeit hat mich gelehrt, dass wir aus gutem Grund nicht vollmundig unterwegs sind", erklärte die leitende Theologin, die auch stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Als Kirche bei den Menschen gehe es darum, die Fragen auszuhalten und sich sicher zu sein, dass Gott zuhöre. Christen wüssten, dass sie einen guten Hirten hätten, auf den sie vertrauen könnten. "Davon etwas in die Welt zu geben, ist unser Auftrag", unterstrich Kurschus.
"Kultur des Verstehens, des Verzeihens und der Vergebung"
Corona mache wie unter Vergrößerungsglas deutlich, was funktioniere und was nicht funktioniere, sagte der Bochumer Theologieprofessor Traugott Jähnichen. In der Pandemie sei die Endlichkeit des Lebens deutlich geworden. Aufgabe der Kirche sei es, Trost im Leben und im Sterben auszusprechen. Kirche könne zudem zu einer "Kultur des Verstehens, des Verzeihens und der Vergebung" beitragen, erklärte der Professor für Systematische Theologie der Ruhr-Universität Bochum.
Die Kirche sollte nach Worten der Münsteraner Neutestamentlerin Eve-Marie Becker die Botschaft der Hoffnung betonen. Kirche müsse auf den Feldern, wo sie Kompetenz habe, vorangehen und Lösungsmöglichkeiten vorstellen. Gesamtaufgabe der Theologie sei es, Hoffnung und den Trost durch die Gemeinschaft mit Christus zu verkünden, sagte die Professorin der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.
"Die Ressource ist das Evangelium"
Die Theologieprofessorin der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel, Konstanze Kemnitzer, nannte es als Herausforderung der Kirche, in der Pandemie zu Vernunft und Liebe beizutragen. Die Kirche sollte für eine Gesellschaft einstehen, in der um Vernunft gerungen werde. "Die Ressource, die wir dafür haben, ist das Evangelium".
Ziel des digitalen "Lern- und Lehrgesprächs", zu dem die Präses Kurschus eingeladen hatte, war es, über die Pandemie aus theologischer Perspektive ins Gespräch zu kommen. Teilnehmer waren neben Vertretern der Landeskirche neun evangelische Theologieprofessorinnen und -professoren von Universitäten und Hochschulen in Münster, Bochum, Wuppertal, Siegen und Paderborn.