Hannover (epd). Aus Sicht des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, verdeckt die Debatte um eine Antifa-Fahne auf dem kirchlich unterstützten Flüchtlings-Rettungsschiff "Sea-Watch 4" die Ziele der Hilfsorganisation. "Ich würde es ausdrücklich begrüßen, wenn die Flagge alsbald eingeholt wird, da die Diskussion darum das eigentliche Anliegen der Seenotretter zunehmend unsichtbar macht", sagte Bedford-Strohm am 21. April dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Organisation Sea-Watch reagierte ausweichend auf die Äußerung. Kritik an der Fahne war in den vergangenen Tagen lauter geworden.
Vor knapp zwei Wochen hatte Sea-Watch die Flagge bewusst noch prominenter als zuvor am Schiff platziert: "Aufgrund der Stimmungsmache von AfD und anderen Rechten gegen eine Flagge der Antifaschistischen Aktion an unserem Bug haben wir uns entschieden, diese zu entfernen. Sie hängt jetzt etwas sichtbarer weiter oben. Gern geschehen", heißt es in einem Tweet bei Twitter vom 8. April. Auf einem dazugehörigen Foto ist die Fahne wehend an einem Mast zu sehen.
Kritik aus Reihen der CDU
In den vergangenen Tagen hatten unter anderen mehrere CDU-Bundestagsabgeordnete die Flagge kritisiert. Das Antifa-Symbol sei zwar nicht strafbar, aber es werde "insbesondere im gewaltorientierten Linksextremismus breit verwendet", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Mathias Middelberg (CDU), der Tageszeitung "Die Welt". Die EKD sei "daher gut beraten, sich davon sehr klar zu distanzieren".
Der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Alexander Krauß erklärte, die Kirche könne nicht "mit linken Gewalttätern in einem Boot sitzen". "Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm muss jetzt ein Machtwort sprechen", forderte er.
Bedford-Strohm sagte dem epd: "Als EKD haben wir eine glasklare Position für den Schutz von Menschenleben und für Gewaltfreiheit. Wo Menschen unter dem Label des Antifaschismus Gewalt anwenden oder dazu aufrufen, macht mich das zornig. Mit wirklichem Antifaschismus hat das für mich nichts zu tun." Die "Sea-Watch 4" und ihre Besatzung retteten Menschenleben. Damit seien sie erkennbar im Dienste der Nächstenliebe und der Menschenrechte unterwegs.
Sea-Watch will "Retten statt Reden"
Sea-Watch-Sprecher Oliver Kulikowski sagte dem epd auf Anfrage, die Hilfsorganisation habe ihre Position zur Antifa-Fahne bereits deutlich gemacht. Anders als Politikerinnen und Politiker, "die dem massenhaften Sterbenlassen im Mittelmeer tatenlos, schweigend oder hetzend zusehen, haben wir keine Zeit, uns zwei Wochen über eine Fahne an Bord eines Schiffs auszulassen", sagte Kulikowski und fügte hinzu: "Unserem Motto 'Retten statt Reden' folgend haben wir eine Rettungsmission vorzubereiten."
Die "Sea-Watch 4" wurde im vergangenen Jahr mit Hilfe von kirchlichen Spenden zur Rettung von Flüchtlingen ins Mittelmeer geschickt. Betreiber ist der 2015 gegründete Berliner Verein Sea-Watch.
Das kirchlich initiierte Spendenbündnis United4Rescue erklärte, es lehne jede Form von Gewalt ab, "unter anderem auch linksextreme Gruppierungen, die gewaltbereit oder antidemokratisch sind". Das Hochziehen einer Antifa-Flagge und das daraus resultierende Bekenntnis zur einer antifaschistischen Grundhaltung sei keineswegs identisch mit der Zustimmung zu Gewalt und Linksextremismus. Insofern sehe United4Rescue keinerlei Anlass, die Partnerschaft mit Sea-Watch infrage zu stellen.