Ludwig van Beethoven (1770-1827) und die politische Vereinnahmung des Komponisten im Laufe der Geschichte stehen im Mittelpunkt eines neuen Schwerpunktes in der Dauerausstellung des Deutschen Historischen Museums (DHM) in Berlin. Gezeigt werden seit dem 20. August rund 60 Exponate und 20 Medien- und Hörstationen, die entlang eines markierten "Themenpfades" aufgebaut sind. Am Beispiel Beethovens solle gezeigt werden, "welcher Stellenwert künstlerischer Freiheit damals wie heute in verschiedenen politischen Systemen zukommt", sagte Museumschef Raphael Gross zur Eröffnung von "Beethoven - Freiheit".

Während der Komponist in der NS-Zeit etwa als Repräsentant des genialen deutschen Künstlers galt, war er in der DDR als bürgerlich-humanistischer Wegbereiter des Sozialismus mit musikalischen Mitteln bekannt, erklärte Ausstellungskurator Christian Kämpf.

Taubheit thematisiert

Der "Themenpfad", der neben neuen Exponaten auch Objekte aus der Dauerausstellung einschließt, soll zunächst bis zum 30. Juni 2021 zu sehen sein. Anlass ist der 250. Geburtstag des Musikers im Dezember. Das DHM hatte erst kürzlich mit der Überarbeitung der Dauerausstellung im Bereich Kolonialismus für eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte geworben.

Zum Beethoven-Schwerpunkt gibt es eine App mit Audiobeschreibungen von Exponaten und Musikbeispielen. Bodenmarkierungen weisen sehbehinderten Menschen den Weg. Außerdem sind über einen QR-Code an den Texttafeln Gebärdensprachenvideos abrufbar. So solle möglichst vielen Menschen ermöglicht werden, "Beethoven mit allen Sinnen zu begegnen", sagte Gross.

Im Mittelpunkt steht eine Ohrmuschel-förmige Installation von Exponaten. Sie sollen einen Eindruck geben über die Rezeption Beethovens, aber auch über seine Krankheitsgeschichte und beginnende Taubheit, die seine künstlerische Freiheit bedrohte. Zu sehen sind Aufführungsplakate aus verschiedenen Epochen, Beethoven-Devotionalien, aber auch Hörrohre, Konversationshefte für schriftliche Gespräche und Metronome, die den Takt nicht nur hör- sondern für den ertaubenden Komponisten auch sichtbar machten.

Unterschiedlicher Freiheits-Begriff

Zuvor nicht gezeigte Exponate aus DHM-Beständen sind etwa eine Notenhandschrift der "Marseillaise", der 1792 komponierten, späteren französischen Nationalhymne, oder eine Einladungskarte zu Beethovens Begräbnis. Diese Exponate sollen die Brücke zu den Objekten der Dauerausstellung und somit vom Komponisten zu seinen historischen Umständen schlagen. An jeder Station ist die Vertonung eines Beethoven-Werkes nachhörbar: von der Befreiungsoper "Fidelio" bis hin zur "Ode an die Freude" aus der 9. Symphonie, der heutigen Europa-Hymne.

Ziel der Kuratoren war es, die Verknüpfung von Beethovens Leben und Werk mit dem Begriff der "Freiheit" zu problematisieren. "Die heutigen Forderungen nach individueller, gesellschaftlicher oder künstlerischer Freiheit entsprechen nicht der Lebenswirklichkeit und dem Freiheitsverständnis Beethovens und seiner Zeit", heißt es in der Ausstellung. Der Musiker sei schon früh als "über seiner Zeit stehendes Genie und kompromissloser Revolutionär wahrgenommen" worden. Darauf beruht bis heute das gängige Beethoven-Verständnis.

Ludwig van Beethoven wurde 1770 in Bonn geboren und zog im Alter von 22 Jahren nach Wien, wo er 1827 starb. Er ist auch heute noch als einer der weltweit meist gespielten Komponisten. Anlässlich seines 250. Geburtstages findet ein Festjahr unter dem Motto "Beethoven neu entdecken" mit bundesweit Tausenden Veranstaltungen statt, darunter auch in Bonn, Heimatstadt des Komponisten. Auf dem Programm stehen Konzerte, Ausstellungen und touristische Angebote.