Gut vier Wochen nach dem massenhaften Corona-Ausbruch haben mehr als 2.700 Mitarbeiter der Fleischzerlegung beim Schlachtbetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück am Freitag unter Sicherheitsmaßnahmen wieder ihre Arbeit aufgenommen. Zuvor war bereits der Schlachtbetrieb gestartet. Tierschützer und Globalisierungskritiker demonstrierten vor dem Betrieb. Konzernchef Clemens Tönnies kündigte unterdessen eine Übernahme der Werkvertragsarbeiter in Tochtergesellschaften des Unternehmens an.

Bereits bis September sollten die ersten 1.000 Werkvertragsarbeiter direkt bei Firmen der Gruppe angestellt werden, sagte Tönnies dem in Bielefeld erscheinenden "Westfalen-Blatt" (Samstag). Die Bundesregierung plant zum Jahreswechsel ein Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in der Fleischindustrie.

Änderungen der Unterbringung geplant

Zugleich kündigte der Unternehmenschef Veränderungen bei der Wohnsituation der Beschäftigten an: "Wir wollen, dass die 30 Prozent der Mitarbeiter, die heute nicht privat wohnen, zu einem vorgegebenen Standard wohnen können." Tönnies sprach sich zudem für eine Erhöhung des Mindestlohns für die Fleischwirtschaft aus. Das könne er aber nicht alleine machen, "da muss die Branche insgesamt mitziehen".

Die gegen ihn und das Unternehmen erhobenen Vorwürfe nach dem massiven Corona-Ausbruch im Fleischwerk in Rheda-Wiedenbrück wies der Konzernchef zurück. "Wir haben uns immer an Recht und Gesetz gehalten", sagt er der Zeitung. Im laufenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bielefeld gegen die Geschäftsführung des Konzerns wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Körperverletzung und des Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz kooperiere das Unternehmen vollumfänglich.

Nach dem Corona-Ausbruch in dem Schlachtbetrieb der Firma Tönnies Mitte Juni waren rund 1.500 Beschäftigte positiv auf das Virus getestet worden. Nach mehrwöchiger Schließung hatte die Stadt Rheda-Wiedenbrück bereits am Mittwoch den schrittweisen Beginn der Schlachtung wieder erlaubt. Am Freitag startete der Zerlegebetrieb unter verstärkten Sicherheitsmaßnahmen.

Demonstrationen zum Produktionsbeginn

Das erhöhte Infektionsrisiko sei etwa durch Trennelemente aus Plexiglas und zusätzliche Luftfiltersysteme minimiert worden, erklärte die Stadt. Zudem dürften zunächst nicht mehr als 10.000 Tiere geschlachtet und verarbeitet werden. Alle Beschäftigten werden zweimal wöchentlich auf Corona getestet. In allen Betriebsgebäuden müssen die Beschäftigten einen Mund-Nasen-Schutz tragen, die Arbeitskräfte müssen untereinander den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten.

Die globalisierungskritische Initiative Attac kritisierte bei ihrer Protestaktion am 17. Juli eine maximale Ausbeutung mit brutaler Tierquälerei und Zerstörung der Natur in der Fleischindustrie. Zum Protest gegen eine umweltvernichtende Tierindustrie hatte unter anderem ein Bündnis von Organisationen wie Fridays for Future, Peta und Extinction Rebellion aufgerufen. Ebenfalls am Werksgelände veranstalteten Landwirte eine Gegendemo. Die beiden Demonstrationen mit insgesamt 400 Teilnehmern verliefen nach Angaben der Polizei friedlich. Anschließend habe es noch eine Sitzblockade gegeben. Gegen 15 Personen, die der Aufforderung, die Straße zu verlassen, nicht nachkamen, sei ein Strafverfahren wegen Nötigung eingeleitet worden.