Die beiden großen Kirchen in Nordrhein-Westfalen rechnen wegen der Corona-Krise für das laufende Jahr mit deutlichen Einnahmeverlusten. Die Evangelische Kirche im Rheinland schätzt den Kirchensteuer-Rückgang auf mindestens 12,5 Prozent gegenüber 2019, die Evangelische Kirche von Westfalen prognostiziert je nach wirtschaftlicher Entwicklung ein Minus zwischen zehn und 25 Prozent. Das Erzbistum Köln kalkuliert mit einem Rückgang von bis zu zehn Prozent, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) bei den drei Landeskirchen und fünf Bistümern in NRW ergab. Die Entwicklung entspricht dem bundesweiten Trend. Die Reaktionen der Kirchen reichen von Sparmaßnahmen bis zu Strukturreformen.

Das größte deutsche Bistum in Köln beziffert das erwartete Kirchensteuer-Minus in diesem Jahr auf bis zu 50 Millionen Euro. Damit ergebe sich finanziell eine Situation, die nach bisherigen Prognosen erst in einigen Jahren zu erwarten gewesen wäre. Das Erzbistum kündigte an, nun die Aufgaben zu priorisieren. Durch eine sparsame Finanzplanung könnten derzeit Maßnahmen wie Haushaltssperren vermieden werden. Die anderen Bistümer in NRW nannten keine konkreten Zahlen.

Pesonaleinsparungen angekündigt

In der rheinischen Kirche gibt es einen Stellenbesetzungsstopp auf landeskirchlicher Ebene, es werde auch zu Personaleinsparungen kommen müssen, hieß es. Kompensiert werden könne die Finanzlücke nur durch einen Rückgriff auf Reserven und die Konsolidierung des Haushalts durch deutliche Einsparungen. Für Präses Manfred Rekowski bedeutet die Entwicklung, "dass wir jetzt schneller und konsequenter als gedacht die großen Strukturen, die wir immer noch haben, an die kleiner werdenden Zahlen anpassen müssen". Es gelte, Mehrfachstrukturen bei den Landeskirchen in Deutschland abzubauen, Kompetenzen zu bündeln und innovative Formen kirchlichen Lebens zu entwickeln.

Die westfälische Kirche erklärte, zwar komme der mittelfristig erwartete Einnahmerückgang durch die Corona-Krise nun unvermittelt. Wegen einer vorsichtigen Haushaltspolitik könnten die Anpassungen jedoch voraussichtlich moderat ausfallen. Nicht erst seit der Corona-Krise würden sämtliche Arbeitsbereiche auf den Prüfstand gestellt, sagte ein Sprecher dem epd. Der aktuellen Situation begegne die Landeskirche mit einer restriktiven Ausgabenpolitik. Die Lippische Landeskirche will nach der Sommerpause die finanzielle Lage bewerten und nötige Maßnahmen ergreifen.

Auf Rücklagen zurückgreifen

Auch im Erzbistum Paderborn sollen die erwarteten Defizite durch eine strikte Haushaltsdisziplin und eine Überprüfung der Investitionen vermindert werden. Im Bistum Münster werde ein Haushaltsausgleich nur "durch einen tiefen Griff in die Rücklagen möglich sein", sagte ein Sprecher dem epd. Falls der Abwärtstrend anhalte, sei das Bistum auch zu kurzfristigen Maßnahmen gezwungen.

Das Bistum Aachen kann die krisenbedingten Defizite aktuell ebenfalls noch durch Rücklagen aus wirtschaftlich besseren Jahren decken. Das Ruhrbistum Essen verwies darauf, dass bereits in den vergangenen Jahren umfangreiche Umstrukturierungs- und Veränderungsprozesse eingeleitet worden seien. Die Reaktionen auf die aktuelle Krise würden noch in den zuständigen Gremien beraten.

Hauptgrund für den Rückgang der Kirchensteuer, die an die Lohn- und Einkommenssteuer gekoppelt ist, ist die Kurzarbeit im Zuge der Corona-Pandemie - auf das Kurzarbeitergeld wird keine Kirchensteuer erhoben. In den vergangenen Jahren war das Kirchensteueraufkommen trotz sinkender Mitgliederzahlen noch gestiegen, ermöglicht wurde dies durch die gute Konjunktur.

Die evangelischen Kirchen meldeten für das Jahr 2019 Einnahmen in Höhe von zusammen 5,9 Milliarden Euro. Die katholische Kirche nahm 2008 insgesamt 6,7 Milliarden Euro durch Kirchensteuern ein, aktuellere Zahlen liege noch nicht vor.