Oberhausen (epd). Die unbekannte Seite eines bekannten Künstlers: Als Kabarettist zählt Dieter Nuhr zu den Stars der deutschen Szene, als Fotokünstler dagegen ist er weniger bekannt. Auch wenn ihm selbst seine bildnerische Arbeit genauso wichtig ist und das Reisen in ferne Länder seine Leidenschaft: "Ich sehe mich nicht als Fotograf, sondern als Bildermacher", sagt Nuhr über seine teils großformatigen Werke.
Die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen zeigt nun eine Auswahl von 23 Exponaten mit Motiven aus Marokko, Georgien, Vietnam und dem Iran. Zweiter Gast der sommerlichen Projektreihe Parallel des Kunstvereins Oberhausen bis zum 13. September ist die gebürtige Iranerin Bahar Batvand mit zwölf Materialkollagen über "Akzidenz", das Zufällige.
Enge künstlerische Zusammenarbeit
Was die beiden Düsseldorfer Künstler verbindet, ist neben ihren nahe gelegenen Ateliers eine enge künstlerische Zusammenarbeit, trotz unterschiedlicher Arbeitsweise, wie Dieter Nuhr am 18. Juni betonte. Bahar Batvand sei für ihn eine Alchimistin, die in ihrem Atelier Bilder aus Drahtnetzen und Textilgarnen baue, während er selbst mehr ein Jäger und Sammler sei.
"Was mich am Reisen interessiert, ist fremd zu werden und fremd zu bleiben", sagte der 59-Jährige, der vor seiner Karriere als Comedian an der ehemaligen Folkwang-Schule in Essen bildende Kunst studierte. Von daher seien seine Bilder auch "keine dokumentarischen Reisebilder".
Tatsächlich lassen Nuhrs Werke in der weitläufigen Panoramagalerie der Ludwiggalerie viel Raum für Assoziationen: rätselhafte Strukturmuster aus Linien, Schriftzeichen und Formen, oft auf abblätternden, vielschichtigen Oberflächen, die Schönheit und Vergänglichkeit gleichzeitig spiegeln. Und Farbe, immer wieder Farbe in allen Schattierungen. Dazu Fundstücke, die Menschen achtlos hinterlassen haben wie Fetzen von Werbeplakaten oder ein verrosteter Haken, der leuchtend roten Räucherstäbchen als Halterung dient.
Bei seinen Reisen in alle Welt richtet Dieter Nuhr weit abseits touristischer Motive den Blick auf scheinbar alltägliche und unbeachtete Details. Es ist eine faszinierende Spurensuche jenseits des Mainstreams mit Motiven, die in der fotografischen Rezeption wie gemalt wirken. "Viele glauben nicht, dass das keine Malerei ist", erzählt Nuhr. Im Laufe der Jahre seien seine Arbeiten immer abstrakter geworden.
Werke ohne Titel, ohne Erklärungen
Auch die Werke von Bahar Batvand werden ohne Titel und Erklärungen präsentiert. Alle verschieden in Farbe und Gestaltung, weisen sie doch Gemeinsamkeiten auf, etwa ein kaum noch sichtbares, stabilisierendes Drahtkorsett im Inneren und ein kunstvolles Labyrinth aus Fäden, Farben und Strukturen. Ein großformatiges, zentrales Werk in der Mitte des Ausstellungsraumes etwa mutet an wie das drahtige Innere einer alten Sprungfedermatratze mit einem neuen Gewand aus verschlungenem weißen Band.
Lange Zeit waren Desolation, Zerstörung und eine neue Sinngebung ihres Materials das Markenzeichen der 2001 nach Deutschland emigrierten Iranerin - Reminiszenzen an schmerzliche Ereignisse. Als Kind hatte die heute 45-Jährige den ersten Golfkrieg in den 1980er Jahren hautnah miterlebt. Später studierte sie Malerei in Teheran und in Düsseldorf an der Kunstakademie, wo sie Meisterschülerin war.
"Ich möchte mit meiner Kunst nicht unbedingt politisch sein", sagt sie heute, aber angesichts ihrer Biografie könne sie auch nicht unpolitisch sein. Mittlerweile spricht Batvand von einem Wandel in ihren Werken. Die jetzt in Oberhausen ausgestellte neue Serie sei nicht so sehr Ausdruck von Zerstörung, sondern es seien aufbauende Arbeiten.