Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf spricht sich aus gesundheitlichen und ökonomischen Gründen gegen eine schnelle Lockerung der Kontaktsperren aus. Eine vorschnelle Aufhebung berge das Risiko eines neuen Aufflammens der Infektionen und damit verbundenen Kontaktbeschränkungen für einen längeren Zeitraum, heißt es in der am 14. April veröffentlichten Analyse "Schneller Ausstieg oder bedachte Lockerung?" des IMK. Eine schnelle Lockerung würde "die ökonomischen Gesamtkosten drastisch in die Höhe treiben".

Die Autoren der Analyse plädieren für eine nachhaltige und schrittweise Lockerung. Demnach sollen zunächst jene Beschränkungen aufgehoben werden, deren Wegfall möglichst geringe Ansteckungsgefahren mit sich bringt und deren Aufrechterhaltung besonders hohe ökonomische und soziale Kosten verursacht. Zudem brauche es einen Überblick über spezifische Maßnahmen wie etwa Schutzkleidung, Barrieren und Plexiglasscheiben, um Ansteckungen zu verringern.

Zunächst sei eine schnelle Kommunikation und Umsetzung von Infektionsschutz und Abstandsregeln in Kindertagesstätten, Schulen, Einzelhandel und Gastronomie nötig, erklärte die Hans-Böckler-Stiftung. "Den Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen muss klarer als bisher gesagt werden, was ab wann auf sie zukommt", sagte der wissenschaftliche Direktor des IMK, Sebastian Dullien. Dazu gehörten Vorgaben zu absehbar notwendigen Umbauten und Hygiene-Vorschriften zur Wiedereröffnung. Auch brauche es ein klares Statement, dass der Status quo ante nicht so schnell zurückkommen werde.

Masken-Pflicht auf Prüfstand

Für den Bereich der Schulen und Kitas sprechen sich die Forscher zunächst für eine Trennung der Gruppen aus. So könnte etwa jede Klasse nur jeden zweiten Tag Unterricht haben. Eine Pflicht zum Tragen von einfachen Masken solle geprüft werden, soweit die Verfügbarkeit gegeben ist.

Denkbar wäre auch ein abgestuftes Vorgehen bei der Lockerung: In Landkreisen mit beispielsweise niedrigen Infektionszahlen und einer niedriger Infektionsdynamik könnten Einzelhandel, Schulen, Kitas und Gastronomie schrittweise vor anderen Regionen wieder öffnen. Dabei dürften dann nur Menschen mit Wohnsitz in dem jeweiligen Kreis bedient werden.

Außerdem müssten Ressourcen in Möglichkeiten des datenschuzkonformen Trackings und Nachverfolgens von Infektionsketten fließen. Dabei müsse die europäische Perspektive eine Rolle spielen. "Wichtig ist hier, die nationalen Systeme kompatibel zueinander zu halten, um möglichst bald wieder den möglichst ungehinderten Grenzverkehr von Arbeitskräften zu ermöglichen, ohne neue, unentdeckte Infektionsketten zu riskieren", schreiben die Wissenschaftler. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit sei nötig, um Lieferketten innerhalb der Europäischen Union zu stabilisieren.