Die großen Kirchen haben an Ostern zu Zuversicht und zu einem Schulterschluss aller in der Corona-Krise aufgerufen. Papst Franziskus feierte am 12. April die Ostermesse im leeren Petersdom und gedachte besonders der Corona-Opfer und der Flüchtlinge. Das katholische Kirchenoberhaupt rief angesichts der Pandemie weltweit zu einer Waffenruhe auf und erteilte den Segen "Urbi et Orbi" (der Stadt und dem Erdkreis) ohne Tausende Pilger auf dem Petersplatz. Die Messe wurde live in Internet und Rundfunk übertragen. Auch die Ostergottesdienste in Deutschland fanden in leeren Kirchen statt.

In seiner Osterbotschaft sagte Franziskus, die Familien der Menschen, die durch die Lungenkrankheit Covid-19 gestorben seien, hätten sich oft nicht von ihnen verabschieden können. Der Papst gestand ein, dass in diesem Jahr viele Gläubige ein "einsames Osterfest, inmitten von Trauer und Nöten, von körperlichem Leid bis hin zu finanziellen Schwierigkeiten" feierten. Viele Menschen sorgten sich angesichts der Corona-Krise um eine ungewisse Zukunft und um ihren Arbeitsplatz.

Wegen der Pandemie sieht der Papst die Europäische Union vor einer "epochalen Herausforderung, von der nicht nur ihre Zukunft, sondern die der ganzen Welt abhängt". Um diese zu meistern, seien auch "neue Wege" erforderlich, sagte er und warnte vor nationalem Egoismus. Zugleich forderte der Papst, der Krieg in Syrien, der Konflikt im Jemen und die Spannungen im Irak sowie im Libanon müssten endlich ein Ende haben.

Stream aus dem Berliner Dom

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, rief die Menschen zu gegenseitigem Beistand auf. Wer auf die Osterbotschaft von der Auferstehung Jesu Christi vertraue, der solle sie schon jetzt mit seinem Herzen und seinen Händen bezeugen, sagte der bayerische Landesbischof in seiner im Internet übertragenen Predigt im Berliner Dom. Er rief dazu auf, Menschen aus Flüchtlingslagern herauszuholen, in denen eine humanitäre Katastrophe drohe. Weltweit sei Solidarität mit den Ärmsten und Verletzlichsten geboten.

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, rief ebenfalls zu Solidarität mit den Schwachen und Armen und den von der Corona-Epidemie besonders hart betroffenen Regionen auf. Die belastenden Jahre, die nun bevorstünden, könnten nur "im Schulterschluss aller in Europa und weltweit so gemeistert werden, dass sie die Ungleichheit und Ungerechtigkeit dieser Erde nicht noch vergrößern", sagte er in seiner Osterpredigt im Limburger Dom.

Nach Worten des lutherischen Superintendenten der Lippischen Landeskirche, Andreas Lange, ermutigt Ostern auch in Zeiten von Corona zu einem Blick nach vorn. Auch das Virus könne nicht daran rütteln, dass mit Ostern der Sieg des Lebens gefeiert werde, sagte Lange am Ostermontag in einem von der ARD ausgestrahlten Gottesdienst aus Lemgo "Wir stehen in einer traurigen Solidarität mit der ganzen Welt", sagte er.

Ökumenisches "Wort zum Sonntag"

In einem gemeinsamen ökumenischen "Wort zum Sonntag" verwiesen Bedford-Strohm und Bätzing auf die Auferstehung Jesu Christi: "Es gibt Hoffnung. Das Licht ist stärker als die Dunkelheit", sagte Bedford-Strohm. Bätzing sagte: "Gott ist wirklich für alle Menschen da, er will Ihnen nahe sein in allen Sorgen." Er rief dazu auf, an die Menschen zu denken, denen es schlechter geht, die im Krankenhaus liegen oder die in anderen Ländern noch mehr von der Krise betroffen sind.

An vielen Orten in Deutschland beteiligten sich am 12. April Musikerinnen und Musiker an der Aktion "#osternvormbalkon" und ließen um 10.15 Uhr das Osterlied "Christ ist erstanden" von Balkonen, in Vorgärten und aus Fenstern erschallen. Der Flashmob des Posaunenwerks Hannover und des Evangelische Posaunendienstes in Deutschland wurde am Ende des ZDF-Fernsehgottesdiensts gezeigt, Fotos und Videos der Aktion gepostet.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dankte den Deutschen für Disziplin und Einsatz in der Corona-Krise. "Ich bin tief beeindruckt von dem Kraftakt, den unser Land in den vergangenen Wochen vollbracht hat", sagte er in einer am Samstagabend ausgestrahlten Fernsehansprache. Er rief zu Vertrauen in die Demokratie auf, warb um Solidarität und bat um weiteres Engagement.

"Noch ist die Gefahr nicht gebannt", betonte der Bundespräsident. "Aber schon heute können wir sagen: Jeder von Ihnen hat sein Leben radikal geändert, jeder von Ihnen hat dadurch Menschenleben gerettet und rettet täglich mehr." In diesen Tagen zeige sich Deutschland als "lebendige Demokratie mit verantwortungsbewussten Bürgern".

Kirchen in NRW betonen Hoffnung und Erkenntnisgewinn

Auch Vertreter der beiden großen christlichen Kirchen in Nordrhein-Westfalen haben in ihren Osterpredigten in Zeiten der Corona-Pandemie die Osterbotschaft von der Auferstehung Jesu als Zeichen der Liebe, des Lebens und der Hoffnung betont. Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, äußerte sich überzeugt, dass Erkenntnisse aus der Corona-Pandemie auch nach der Krise nicht so schnell wieder vergessen würden. "Wir achten darauf, dass die Schwachen und gefährdeten nicht auf der Strecke bleiben", sagte er in der Wuppertaler Philippuskirche. Ostern sei Gottes Angriff auf den stärksten Feind, den Tod. Und wo der Tod seine Macht verliere, seien Kettenreaktionen der Hoffnung möglich.

Der Lippische Landessuperintendent Dietmar Arends sieht in der Osterbotschaft eine Ermutigung, in Zeiten der Corona-Pandemie für andere Menschen da zu sein. Mit Ostern, an dem Christen die Auferstehung Jesu feiern, würden Menschen mit der Hoffnung erfüllt, dass das Leiden nicht das Endgültige sei, sagte Arends dem Evangelischen Pressedienst (epd). Aus den Jüngern, die nach der Kreuzigung Jesu verängstigt gewesen seien, seien Boten österlicher Hoffnung geworden. "Das sollte uns Mut geben, für die Menschen in dieser Zeit da zu sein und ihnen zur Seite zu stehen und so auch zu Boten der Hoffnung zu werden."

Der Essener Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck mahnte einen neuen Umgang mit Solidarität und Verteilungsgerechtigkeit an. "Wir werden Solidarität neu lernen müssen, wenn es gilt, die sozioökonomischen Folgen zu überwinden", sagte er in Mülheim an der Ruhr. Die Corona-Krise sei eine Chance zur Einsicht, wie Ökonomie, Ökologie und Soziales neu zusammenkommen könnten.

"Osterbotschaft mit in den Alltag zu nehmen"

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki appellierte an die Menschen, zentrale Fragen nach dem Sinn von Leid, Sterben und dem Leben gerade in diesen Tagen zuzulassen. Schwere Erkrankungen, Sterbefälle, Folgen von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit machten vielen zu schaffen. Die Osterbotschaft zeige, wie ein einziges Wort eine Situation von Grund auf verändern könne. "Der Tod hat nicht das letzte Wort. Der Tod ist besiegt."

Der Bischof von Münster, Felix Genn, rief dazu auf, die Osterbotschaft mit in den Alltag zu nehmen. Viele Christen täten dies bereits und seien politisch aktiv. Sie setzten sich für den Schutz des Lebens ein, wehrten sich gegen die Anfänge der Kriege. Auch im Bistum Münster entwickele sich besonders in diesen Tagen eine große Solidarität in den Gemeinden, den Nachbarschaftshilfen, im Dienst für die Kranken und dem Schutz für die Schwächsten. Auch der Paderborner Erzbischof, Hans-Josef Becker, betonte, Christen sollten gerade in Krisenzeiten die frohe Botschaft von Ostern als Botschaft der Hoffnung weitertragen.