Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) beobachtet in Zeiten der Corona-Pandemie eine wachsende Vielfalt der digitalen Kommunikation in den Moscheegemeinden. "Wir erleben derzeit eine sehr starke Rückmeldung über virtuelle Angebote", sagte der Vorstandsvorsitzende Aiman Mazyek dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dies betreffe innerhalb einer Gemeinde etwa die Verbreitung von Ansprachen und Predigten der Imame oder Frage- und Antwortangebote. Dies sorge auch für eine neue Zusammenarbeit zwischen den Generationen, wenn Jüngere die Älteren mit der Nutzung des Internets und den dortigen spirituellen Angeboten vertraut machten.

Moscheen seien derzeit komplett wegen der Corona-Pandemie geschlossen, betonte Mazyek für den Verband ZMD, der rund 300 Moscheegemeinden von 35 Dachorganisationen vertritt. Auch Gebete seien in den Moscheen für einzelne Gläubige nicht möglich. Gottesdienste wie das wöchentliche Freitagsgebet oder das fünfmalige tägliche Gebet könnten - im Gegensatz zu christlichen Gottesdiensten - aus theologischen Gründen nicht ersatzweise mit einem Prediger aus dem leeren Gebetsraum gestreamt werden. "Eine Substitution durch eine Livesendung ist grundsätzlich nicht möglich", betonte Mazyek und verwies auf entsprechende Diskussionen innerhalb des Verbands und auf den Austausch mit internationalen islamischen Gelehrten. Das Freitagsgebet könne nur in der Moschee stattfinden.

Kleinen Gemeinden droht die Schließung

Umso mehr griffen Gläubige auf den digitalen Austausch von Bittgebeten oder Koranversen zurück, sagte Mazyek. Auf überregionaler Ebene bemühe sich der Verband, organisatorische Hilfe zu leisten, auch mit Seminaren zu Youtube, Instagram und anderen Social-Media-Kanälen. Aktuell habe sich der ZMD auf die Empfehlung eines Webtools an die Gemeinden verständigt. Viele Gemeinden seien allerdings bereits digital gut aufgestellt, nutzten bereits Online-Plattformen oder beteiligten sich an Live-Schalten. Imame vernetzten sich in Whatsapp-Gruppen und befänden sich im ständigen Austausch. "Alles ist in einer regen Entwicklung, die Landschaft fächert sich gerade auf", schilderte Mazyek.

Sorge bereite vor allem den kleineren Gemeinden ohne finanzielle Rücklagen der Verlust durch ausfallende Kollekten. Mehr als die Hälfte der regelmäßigen Einnahmen laufe über die Kollekte, erklärte Mazyek. In der islamischen Gemeinschaft seien nun vor allem wohlhabende Gläubige zu Spenden aufgerufen. Andernfalls drohe einzelnen Gemeinden die Schließung. Gespräche über mögliche Mietzuschüsse für Gemeinderäume stünden auf der Ebene des ZMD noch ganz am Anfang.

Das Coronavirus sei im weltlichen Sinne und auch im Sinne des Glaubens als Prüfung zu verstehen, erläuterte Mazyek. "Nicht als Strafe, sondern als Prüfung Gottes, trotz der Einschränkungen den Verpflichtungen wie Barmherzigkeit, Nächstenliebe, Geduld und Nachsicht nachzukommen." Im Koran gebe es Aussagen des Propheten zum Schutz von Gebieten und Quarantäne-Maßnahmen. Dies seien nicht nur weltlich richtige Maßnahmen. Auch der islamische Glauben verlange, sich nicht blind "ins Verderben" zu werfen.