Nach langem und hartem Ringen hat der nordrhein-westfälische Landtag am 29. November die schwarz-gelbe Reform des Kinderbildungsgesetzes in dritter Lesung endgültig beschlossen. Während CDU und FDP die KiBiz-Novelle als großen Fortschritt für die kindliche Bildung feierten, kritisierte die Opposition die Änderungen als zu kleinteilig und prophezeite weitere Reformen. Die Reaktionen fielen unterschiedlich aus.

Das Gesetz sieht für die rund 10.000 Kindertagesstätten ab August jährlich 1,3 Milliarden Euro mehr Geld vor. Neben dem letzten Kita-Jahr wird auch das vorletzte beitragsfrei gestellt. Mit den zusätzlichen Geldern, die zu einem großen Teil aus dem "Gute-Kita-Gesetz" des Bundes kommen, soll auch die Finanzierung neuer Kita-Plätze sichergestellt werden. Neu ist auch eine Ausweitung der Öffnungszeiten zur Entlastung berufstätiger Eltern.

Minister Stamp spricht von "Meilenstein", SPD enttäuscht

NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) nannte das Gesetz einen Meilenstein für die frühkindliche Bildung, es gebe nun mehr Chancen für alle Kinder unabhängig von ihrer Herkunft. Auch die CDU erklärte, die Betreuungsqualität werde nun deutlich verbessert. Die Regierungsfraktionen warfen SPD und Grünen vor, sie seien durch ihre frühere Regierungspolitik für eine strukturelle Unterversorgung des Kita-Systems verantwortlich.

Die SPD nannte das Gesetz dagegen eine große Enttäuschung und forderte einen grundlegenden Systemwechsel: "Wir müssen weg von den Kindpauschalen hin zu einer sicheren Einrichtungsfinanzierung", sagte der familienpolitische Sprecher Dennis Maelzer. Eine Sockelfinanzierung von rund 500 Millionen Euro würde für mehr Qualität der Betreuung und Planungssicherheit bei Trägern und Beschäftigten sorgen.

Maelzer verlangte zudem, die Eigenanteile auch bei den freien Trägern deutlich zu senken und Kita-Gebühren abzuschaffen, "die Spielräume dafür sind da". Ein Änderungsantrag der SPD, die am Vortag die dritte Lesung beantragt hatte, wurde jedoch abgelehnt. Josefine Paul von den Grünen kritisierte ebenfalls, der Landesregierung seien "nicht alle Träger gleich heilig". Für eine grundlegende Reform anstelle des beschlossenen "Reförmchens" müssten zudem landesweit einheitliche Kita-Beiträge eingeführt werden.

Freie Träger warnen vor Schließungen

Freie Träger wie Kirchen und Wohlfahrtsverbände sowie Kita-Beschäftigte warnen seit längerem vor Schließungen von Einrichtungen, weil die Grundprobleme der Unterfinanzierung und der Arbeitsbelastung der Mitarbeiter bestehen blieben. "Die Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen und Erzieher finden in diesem Gesetz keine ausreichende Berücksichtigung", erklärte der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Dortmund. Nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung fehlen derzeit rund 15.600 Vollzeit-Fachkräfte.

Land und Kommunen wollen für mehr Kita-Personal jährlich 750 Millionen Euro zusätzlich aufbringen. Außerdem sollen die Auszubildenden im Praxisjahr mehr Geld bekommen, um den Beruf attraktiver zu machen. Der Städtetag Nordrhein-Westfalen begrüßte die Änderungen, sprach aber auch von einem "erheblichen finanziellen Kraftakt" für die Kommunen. Die Städte würden nun "genau darauf achten, dass es keine weiteren finanziellen Belastungen geben wird", kündigte der Verband an.

Familienminister Stamp wiederholte in der abschließenden Landtagsdebatte seine Darstellung, das Aktionsbündnis "Mehr Große für die Kleinen" habe sich mit 12.000 Demonstranten und 80.000 Unterschriften gegen die Gesetzgebung der früheren rot-grünen Landesregierung gewandt und nicht gegen das Gesetz aus seinem Ministerium. Dem widersprach das Bündnis nach der Debatte entschieden. Es sei gegründet worden, um die aktuelle Revision des KiBiz kritisch zu begleiten und auf Defizite hinzuweisen.