Die umstrittene "Ahnenstätte" in Seelenfeld im westfälischen Petershagen weist neuesten Forschungen zufolge offenbar Verbindungen zu der als rechtsextremistisch eingestuften Vereinigung "Artgemeinschaft" auf. Eine in diesem Jahr erschienene Zeitschrift der neuheidnisch ausgerichteten Gruppierung rate ihrer Klientel zu einer Bestattung auf dem Privatfriedhof, berichteten die Historiker Karsten Wilke und Thomas Lange am 25. November in Petershagen. Die Stadt hatte die Untersuchung zu Geschichte und Gegenwart der "Ahnenstätte" in Auftrag gegeben, die bald veröffentlicht werden soll.

Bürgermeister regt Informationstafel an Privatfriedhof

Petershagen grenze sich strikt von jeglichen rechtsextremen und völkischen Tendenzen ab, betonte Bürgermeister von Dieter Blume (CDU). Mit der wechselvollen Geschichte der Stadt pflege man einen offenen Umgang. Blume sprach sich für eine rasche Veröffentlichung des Forschungsberichts und ein Symposium zur weiteren Aufarbeitung aus. Die Hintergründe der sogenannten Ahnenstätte müssten zudem auf Informationstafeln an der Anlage "klargestellt" werden.

Bereits die Entstehungsgeschichte der sogenannten Ahnenstätte um 1930 sei klar von einem antisemitisch-rassistisch dominierten Weltbild ihrer Gründer geprägt gewesen, erklärten die Historiker Wilke und Lange. Sie sei kein bürgerschaftliches Projekt der früheren Dorfbewohner von Seelenfeld gewesen. Vielmehr sei damals die demokratiefeindliche Ideologie des Ex-Weltkriegsgenerals Erich Ludendorff und seiner Frau Mathilde "planvoll durchgesetzt" worden. Die Ahnenstätte stellte nach Einschätzung der Historiker damit eine "deutsch-völkische Gegenwelt" gegen das "christlich-protestantische Milieu" dar.

Schon während der NS-Zeit und ab den 1950er Jahren habe sich das Einzugsgebiet der Ahnenstätte weit über Ostwestfalen-Lippe hinaus ins gesamte Bundesgebiet ausgeweitet, hieß es. Die Verbindungen zum 1937 von Mathilde Ludendorff gegründeten, vorübergehend verbotenen und inzwischen vom Verfassungsschutz beobachteten "Bund für Gotterkenntnis" seien offensichtlich.

Netzwerk der Holocaust-Leugnerin Haverbeck

Auch gebe es eine Reihe von Akteuren, die sich in Vergangenheit und Gegenwart dem rechten bis rechtsextremen Spektrum zuordnen ließen. Namentlich nannten die Historiker den Landschaftsarchitekten Wolfram Schiedewitz aus Niedersachsen, der als Vorsitzender des geschichtsrevisionistischen Vereins "Gedächtnisstätte" fungiert, und den Trauerredner Gerd Rothe aus Bad Oeynhausen. Er gelte als Mitglied der "Artgemeinschaft" und verfüge wie Schiedewitz über enge Bindungen zum Netzwerk des früheren Schulungszentrums "Collegium Humanum" in Vlotho, das von der mehrfach verurteilten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck und ihrem Mann geleitet worden war. Die in den 60er Jahren gegründete rechtsextreme Vereinigung wurde 2008 verboten.

Das Forschungsprojekt habe gezeigt, dass die Ahnenstätte in Seelenfeld ebenso wie ihr Träger, der "Ahnenstättenverein Niedersachsen", keineswegs unpolitisch seien, sagten Lange und Wilke. Der Verein, dem seit 1937 die Anlage gehört, vermeide bewusst eine Thematisierung der eigenen Geschichte und eine Erklärung des Ortes. Nach Angaben der Historiker hatte der Ahnenstättenverein ihnen den Einblick in seine Akten verweigert.

Der nahe der Grenze von Westfalen zu Niedersachsen gelegene Privatfriedhof wurde von Anhängern der völkischen Ludendorff-Bewegung auf einem ehemaligen germanischen Hügelgräberfeld gegründet. Ein Journalist hatte im Juni 2017 auf einem Mitgliedertreffen des "Ahnenstättenverein Niedersachsen" den rechtsextremen Aktivisten Schiedewitz ausgemacht und die Debatte über die Ahnenstätte ausgelöst.