Mehr als 7.000 Menschen haben am 23. November in Hannover überwiegend friedlich für Pressefreiheit und gegen einen Aufmarsch der NPD in der Stadt demonstriert. Die Demonstration der NPD mit rund 120 Teilnehmern richtete sich gegen mehrere namentlich genannte Journalisten, die in der rechten Szene recherchieren. Die Polizei hatte die Demonstration zunächst verboten, das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg hatte das Verbot jedoch wieder aufgehoben. Der Deutsche Presserat unterstrich den Verfassungsrang der Pressefreiheit und rief Politik und Sicherheitskräfte auf, Journalisten gegen Bedrohung zu schützen.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sagte am Rande der Gegenveranstaltung, die Polizei habe gute Gründe für ein Verbot der NPD-Demonstration gehabt. Diese Gründe seien für die Gerichte nicht gut genug gewesen. Das müsse man akzeptieren, auch wenn es unerträglich sei, wenn Journalisten diffamiert würden.

Erinnerung an Weimar

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius warnte, wenn Journalisten aus Angst aufhörten zu recherchieren und Mandatsträger oder Engagierte in der Flüchtlingsarbeit sich deshalb zurückzögen, dann sterbe die Demokratie von unten. Die Weimarer Republik sei nicht an der Stärke ihrer Gegner zugrunde gegangen, sondern an der Schwäche ihrer Anhänger, unterstrich der SPD-Politiker: "Das darf nie wieder passieren."

Zu den Protesten gegen die NPD hatten zahlreiche Organisationen und Initiativen aufgerufen, darunter auch mehr als 450 Journalisten und die Chefredaktionen mehrerer großer Zeitungen. Nach Angaben der Polizei sei es nur in Einzelfällen zu kurzen Störungen gekommen.

Bei der Gegenveranstaltung sprach auch der neue hannoversche Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne). Es dürfe nicht sein, dass es heute besonderen Mut brauche, sich für einen kritischen, freien und unabhängigen Journalismus einzusetzen, sagte er. Die Stadt verurteile jede Art von Hetze und Drohungen gegenüber Journalisten auf Schärfste. Landesbischof Ralf Meister sagte am Rande der Proteste, die NPD dürfe keinerlei Möglichkeit haben, die Kultur und die Meinung von Menschen in irgendeiner Weise zu beeinflussen: "Die NPD nutzt die im Grundgesetz festgeschriebene Meinungsfreiheit, um die Meinungsfreiheit anderer einzuschränken."

Thema beim Journalistentag

Der Sprecher des Deutschen Presserats, Volker Stenner, forderte angesichts der NPD-Demonstration, Politik und Sicherheitskräfte müssten der Pressefreiheit höchste Priorität einräumen. Die Erfahrung in aller Welt zeige, dass die Pressefreiheit insgesamt bedroht sei, wenn einzelne Journalisten und Journalistinnen bedroht würden, sagte er. Diese seien gegen Drohungen und Angriffe zu schützen.

Unterstützung vom Journalistentag NRW

Auch beim Journalistentag NRW ging es am 23. November um die Pressefreiheit: Die Direktorin der Europäischen Journalisten-Förderation, Renate Schroeder, beklagte eine massive Zunahme von Angriffen und Drohungen gegen Journalisten in den vergangenen Jahren. Seitdem der Europarat vor drei Jahren eine Plattform geschaffen habe, auf der Fälle von Übergriffen und Einschüchterungen gemeldet werden können, seien dort 638 Hinweise erfolgt, sagte sie bei dem Branchentreffen in Dortmund.

Ein weiteres schwerwiegendes Problem sowohl für den Journalismus als auch für das Demokratie insgesamt sei die Verbreitung sogenannter Fake News, sagte Schroeder weiter. Solche Falschnachrichten bergen nach ihren Worten die Gefahr, ein rechtsstaatliches System, wie es in Europa etabliert sei, auszuhöhlen. Gleichzeitig würden Redaktionen personell immer weiter ausgedünnt. Vor diesem Hintergrund stehe die neue Europäische Kommission vor der besonderen Herausforderung, die Pressefreiheit entsprechend zu schützen.

Bei dem Treffen im Ruhrgebiet diskutieren mehr als 500 Journalisten in Workshops und Foren unter anderem über den Umgang mit Hass im Netz, den Einfluss von Algorithmen und das Radio der Zukunft. Mit einer spontanen Protestkundgebung wandten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch gegen Einschüchterungsversuche rechter Parteien und Gruppierungen.