Im Namen von Schweinen hat die Tierrechtsorganisation Peta beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Beschwerde eingereicht. "Wir fordern für alle männlichen Ferkel, die ohne Betäubung kastriert werden, das Recht auf Schmerzfreiheit", sagte Peta-Rechtsanwalt Christian Arleth nach dem Einwurf der Beschwerde am 19. November in Karlsruhe. Erstmals in der deutschen Rechtsgeschichte würden Ferkel vor dem höchsten deutschen Gericht als Beschwerdeführer erscheinen. Ziel sei es, einen Präzedenzfall zu schaffen, der Tieren zu Grundrechten verhelfe. Der Staatsrechtler Ralf Müller-Terpitz hält die Aktion für einen PR-Gag, Grünen-Politikern Renate Künast hingegen für die einzige Chance, den Tierschutz zu verbessern.

Die Beschwerde der Tierschützer richtet sich gegen die Fristverlängerung bei der betäubungslosen Kastration männlicher Ferkel. "Es widerspricht dem Tierschutzgesetz, dem Staatsziel Tierschutz und es gibt wirtschaftlichere Alternativen", sagte Arleth. "Tiere müssen ihre Rechte einfordern können, auf dem Papier sind sie nichts wert", betonte er.

Juristen uneins

Der Jurist sieht gute Erfolgschancen. "Das Grundgesetz selbst sagt nicht direkt, wer Beschwerdeführer sein darf", erklärte er. Immerhin könnten auch juristische Personen, etwa Aktiengesellschaften, vor Gericht auftreten. Begleitet wurde die Aktion von zehn Aktivisten, die sich als Schwein, Hahn oder Wal verkleidet hatten. Einer der Beschwerdeführer, ein Ferkel, war nicht dabei - "Sie mitzunehmen, wäre eine weitere Form von Missbrauch gewesen", erklärte eine Aktivistin.

Der Staatsrechtler Ralf Müller-Terpitz hält das Thema nicht für rügefähig vor dem Bundesverfassungsgericht. Dies rüge die Verletzung von Grundrechten, die aber "unstreitig" nur Menschen zustünden. "Es dürfte sich hierbei um eine Marketing-Aktion von Peta handeln", sagte der Mannheimer Jura-Professor auf epd-Anfrage.

Er könne sich auch nicht vorstellen, dass das höchste deutsche Gericht die Grundrechte auf Tiere ausweiten wird, erklärte Müller-Terpitz. Aber für Peta sei es aus Gründen der Öffentlichkeitswirksamkeit interessant, es auf eine Entscheidung ankommen zu lassen, um den politischen Diskussionsprozess über "Tierrechte" in Gang zu halten.

Die Grünen-Politikerin Künast wertet die Verfassungsbeschwerde als positiv. "Tierschutz ist Staatsziel, jedoch lässt die Bundesregierung den Tierschutz vollständig hinter wirtschaftlichen Interessen zurücktreten und blockiert jeden Fortschritt", erklärte die Grünen-Sprecherin für Tierschutzpolitik. Die einzige Möglichkeit etwas zu bewegen, sei die Beschreitung neuer juristischer Pfade.

"Ebergeruch"

Männliche Ferkel werden kastriert, um den für manche Menschen unangenehmen "Ebergeruch" zu vermeiden, der bei der Zubereitung auftreten kann. Das deutsche Tierschutzgesetz schreibt vor, dass ein schmerzhafter Eingriff bei einem Wirbeltier nicht ohne Betäubung vorgenommen werden darf. Es lässt allerdings auch die Ausnahme zu, dass Ferkel bis zu ihrem siebten Lebenstag ohne Betäubung kastriert werden dürfen.

Der Bundestag hatte das Ende dieser Praxis 2013 mit einer Übergangsfrist bis Ende 2018 beschlossen. Kurz vor Ablauf der Frist verlängerte der Bundestag die Übergangsfrist um zwei weitere Jahre bis Ende 2020.