In Berlin sollen brachliegende Friedhofsflächen verstärkt für Erholungs- und Bauprojekte genutzt werden. Grund sei die sich verändernde Bestattungskultur, sagte der Geschäftsführer des Evangelischen Friedhofsverbandes Berlin Stadtmitte (EVFBS), Pfarrer Klaus-Ekkehard Gahlbeck, dem Evangelischen Pressedienst (epd) anlässlich des Ewigkeits- oder Totensonntag (24. November). An diesem Tag wird in der Kirche besonders an die Toten erinnert.

Die Zahl der Urnenbeisetzungen steige kontinuierlich, sagte Gahlbeck: "Früher war das Verhältnis zwischen Erdbeisetzungen und Urnenbeisetzungen etwa bei 80 zu 20. Heute ist es genau umgekehrt."

Der Friedhofsverband verwaltet in der Berliner Innenstadt 46 Friedhöfe und entwickelt Nachnutzungsmöglichkeiten für brachliegende Flächen. Das Spektrum reicht von Urban Gardening Projekten - also dem gemeinschaftlichen Gärtnern in der Großstadt - über eine Gedenkstätte für das bundesweit einzige kirchliche Zwangsarbeiterlager im Zweiten Weltkrieg bis hin zum Bau von Flüchtlingsheimen sowie sozialen Wohnungsbau. Die Projektfülle innerhalb eines Friedhofsverbandes ist Gahlbeck zufolge bundesweit einzigartig.

In Berlin müsse für Nachnutzungen von ehemaligen Grabfeldern eine Ruhefrist von mindestens 20 Jahren als Pietätsfrist eingehalten werden, erklärte der Pfarrer. Danach gebe es eine weitere zehnjährige Pietätsfrist, die nur vom Berliner Senat aufgehoben werden könne.

Hochwertige Grünflächen schaffen

Der Friedhofsverband will im Zentrum Berlins brachliegende Friedhofsflächen zu zwei Dritteln für "grüne Projekte" nutzen. So gibt es ein Urban Gardening Projekt im Stadtbezirk Neukölln. In Berlin-Kreuzberg ist ein Friedhofspark geplant, zu dem zahlreiche denkmalgeschützte Wandgräber von historischen Persönlichkeiten zählen. Ziel sei es, hochwertige Grünflächen zu schaffen und die Biodiversität zu erhöhen.

Ein Drittel der Friedhofsbrachen in der Berliner Innenstadt soll als Bauland oder für Infrastrukturprojekte zur Verfügung gestellt werden, sagte Gahlbeck. Dazu zähle der Bau von öffentlichen Schulen, Kitas und Spielplätzen. In Kreuzberg und Neukölln sollen im kommenden Jahr zwei Flüchtlingswohnheime für insgesamt rund 350 Bewohner entstehen.

Im Stadtteil Weißensee und Neukölln sind zwei soziale Bauprojekte geplant. Diese seien genossenschaftlich organisiert. "Wir wollen der Spekulation Einhalt gebieten", betonte der EVFBS-Geschäftsführer: "Gerade für die Menschen wollen wir etwas entwickeln, die in dieser Stadt so extrem schlechte Chancen haben."