Rom (epd). Das Oberste Gericht im australischen Bundesstaat Victoria hat den Berufungsantrag des wegen Missbrauchs Minderjähriger verurteilten Kardinals George Pell abgelehnt. Er werde gegen die Entscheidung vor den Obersten Gerichtshof Australiens ziehen, teilte eine Sprecherin der Erzdiözese Sydney am 21. August mit. Der 78-Jährige sei "enttäuscht" über die Entscheidung. Pell bekräftige weiterhin seine Unschuld, hieß es in der Erklärung. Einer der drei Richter soll laut Mitteilung für die Eröffnung eines Berufungsverfahrens gestimmt haben.
Pell war im Dezember von einem Geschworenengericht wegen Missbrauchs zweier Jungen schuldig gesprochen und zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt worden. Seit Februar sitzt er in Haft. Der ehemalige "Finanzminister" des Vatikans hatte die Vorwürfe stets bestritten. Der Missbrauch an zwei Chorknaben im Alter von zwölf und 13 Jahren soll sich in Pells Zeit als Erzbischof von Melbourne Ende der 1990er Jahre ereignet haben.
Vatikansprecher Matteo Bruni erinnerte am Mittwoch daran, dass Pell stets beteuert habe, die ihm zur Last gelegten Taten nicht begangen zu haben. Gleichzeitig bekräftigte Bruni die Solidarität des Vatikans mit Missbrauchsopfern.
Demut
Die australische Kirche reagierte gespalten auf das Urteil. Der Erzbischof von Melbourne, Peter Comensoli, forderte dazu auf, das Urteil zu akzeptieren. "Meine Gedanken und Gebete sind bei dem Mann, der die Angelegenheit vor Gericht gebracht hat." Er erkenne voll Demut an, dass dies eine schwierige Zeit für ihn gewesen sein müsse.
Der Erzbischof von Sydney, Anthony Fisher, betonte dagegen, dass das Urteil für viele nur schwer zu akzeptieren sein werde, vor allem für diejenigen, die Pell persönlich kennen. In dem langwierigen Verfahren seien "vernünftige Leute" angesichts der Beweislage zu unterschiedlichen Auffassungen gelangt. Über Pells künftigen Status in der Kirche könne allein der Vatikan entscheiden.
Die Verteidigung äußerte im Berufungsverfahren erneut Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Opfers und Zeugen, auf dessen Aussage die Verurteilung im Wesentlichen beruht. Zudem beruft sie sich auf Verfahrensfehler in der ersten Instanz. Der Verteidiger hatte das einzige der beiden noch lebenden Opfer als "Lügner" bezeichnet.