Rund 80 Meter hätten es sein sollen, nun sind es erst einmal gut fünf: Wenn die erste Baugenehmigung für den neuen Potsdamer Garnisonkirchturm am 29. Juli nach sechs Jahren abläuft, wird erst ein kleiner Teil des Bauwerks zu sehen sein. Fehlende Gelder und Baumängel kurz nach dem Start haben das Projekt verzögert. Inzwischen liegt eine zweite Baugenehmigung vor, der Turmbau hat nun ganz offiziell ein paar Jahre mehr Zeit. Und die Bundesregierung stellt zusätzliche Fördermittel in Aussicht.

Ein Kran transportiert Mörtelbottiche und Ziegelpakete. Arbeiter montieren am Ort der 1945 zerstörten und 1968 abgerissenen evangelischen Barockkirche Verlängerungen an Gerüste. Maurer setzen Ziegelsteine. Seit Herbst 2017 wird hier gearbeitet, inzwischen steht der Erdgeschoss-Rohbau, drei weitere Etagen im Turmsockel folgen noch. Dann soll mit dem Turmschaft begonnen werden.

Rund 40 Millionen Euro Baukosten werden derzeit für den Turm veranschlagt, gut zehn Millionen davon kommen aus Spenden, fünf Millionen von der evangelischen Kirche und ein Großteil vom Bund. Zwölf Millionen fehlen noch.

Aussichtsplattform

"Die Grundvariante mit Aussichtsplattform soll 2022 fertig sein", sagt Peter Leinemann gut gelaunt. Rund 2,8 Millionen Ziegel müssten im Turm verarbeitet werden, 400.000 mehr als zunächst angenommen, erzählt der kaufmännische Vorstand der Garnisonkirchenstiftung. Bei Bauvorhaben dieser Größenordnung seien solche Entwicklungen nicht ungewöhnlich.

Neben der Baustelle steht ein ramponiertes Kapitell der historischen Garnisonkirche. Ob der sechs Tonnen schwere Sandstein in den neuen Turm eingebaut wird, ist noch offen. Daneben wartet ein weiteres Originalteil auf den Fortgang der Bauarbeiten. Das Gittertor sei einst vor das Hauptportal gesetzt worden, um die nächtliche Nutzung des Eingangsbereichs als Abort zu verhindern, erzählt Leinemann. Wo das Tor später hinkommt, steht noch nicht fest.

Das alte DDR-Rechenzentrum direkt nebenan ist inzwischen ein Kunst- und Kreativzentrum. Ölgemälde, Fotokunst und andere Werke sind dort in Fluren, Treppenhäusern und Ateliers zu sehen. In einer Ecke hängt ein Plakat der linksalternativen Potsdamer Wählergruppe "Die Andere", auf dem der Garnisonkirchturm raketengleich ins All geschossen wird: Im Kunsthaus, das einem möglichen Wiederaufbau des Kirchenschiffs im Weg wäre und auf seinen Abriss wartet, werden die Bauarbeiten direkt vor dem Fenster mit Argwohn beobachtet.

Kritik an Projekt

Die zeitliche Begrenzung der Mietverträge sei ein großes Problem, sagt Frauke Röth, die im Kunsthaus arbeitet. "Dass das Rechenzentrum einem Kirchenschiff weichen soll, das wahrscheinlich nie gebaut werden wird, können viele hier nicht verstehen", sagt die Diplom-Ingenieurin: "Das führt dann zu einem Exodus aus einem Haus, für das ein Riesenbedarf da ist." Die Nutzung als Kreativzentrum sei nur als Zwischenlösung gedacht, der Abriss lange beschlossen, sagt Peter Leinemann dazu: "Ein Teil davon steht auf unserem Grundstück."

Auch bei anderen, darunter bei der Martin-Niemöller-Stiftung und der Initiative "Christen brauchen keine Garnisonkirche", hält die Kritik an dem Bauprojekt an, das anfangs aus Spenden finanziert werden sollte. Im Mittelpunkt steht vor allem die Geschichte der Garnisonkirche als preußische Militärkirche und ihre Nutzung zur NS-Inszenierung der Reichstagseröffnung im März 1933. Und dass so viel öffentliche Gelder in den Wiederaufbau fließen.

Dass die Bundesregierung nun statt der bereits beschlossenen zwölf Millionen Euro bis zu 18 Millionen Euro und damit fast die Hälfte der Gelder für den Turm in Aussicht stellt, könnte die aktuelle Finanzierungslücke halbieren. Die Reaktion der Bürgerinitiative "Potsdam ohne Garnisonkirche" fällt heftig aus: "Keine weiteren Steuergelder für den Wiederaufbau der Garnisonkirche", fordert sie. "Wir bauen ein öffentliches Haus für Kultur, Bildung und geistliches Leben", sagt dagegen Peter Leinemann. Dass sich die öffentliche Hand daran beteiligt, könne nicht verkehrt sein.

In der aktuellen Abstimmung zum Potsdamer Bürgerhaushalt laufen gleich mehrere Anträge zum Thema, teils dafür, überwiegend dagegen. Die Stiftung baut weiter. "Jetzt sind wir so weit gekommen", sagt Peter Leinemann: "Jetzt sollten wir den Rest auch noch schaffen."