Evangelische Kirche und Sozialverbände sind noch auf der Suche nach Mentoren für ihr Programm zur Umsiedlung von Flüchtlingen nach Deutschland. 25 Mentorengruppen stünden bislang bereit, sagte Edgar Born von der Zivilgesellschaftlichen Kontaktstelle zur Schulung und Begleitung der Mentoren am Institut für Kirche und Gesellschaft der westfälischen Kirche am 24. Juli in Berlin. Würde jede Gruppe eine vierköpfige Familie aufnehmen, könnten also 100 Menschen nach Deutschland kommen. Das Programm umfasst insgesamt aber 500 Plätze.

Idee des Programms ist es, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus Camps im Libanon, Jordanien, Ägypten und Äthiopien nach Deutschland zu holen, indem ihre Betreuung durch Ehrenamtliche sichergestellt ist. Voraussetzung für die Aufnahme ist eine mindestens fünfköpfige Mentorengruppe, die die Finanzierung der Nettokaltmiete für zwei Jahre aufbringt und zusagt, beim Ankommen im deutschen Alltag zu helfen, etwa bei Behördengängen oder beim Deutschlernen.

Die 500 Plätze des Programms sind Teil der deutschen Zusage für das europäische Resettlement-Programm, bei dem Flüchtlinge in ein anderes Land umgesiedelt werden. 10.200 Plätze hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) bis Ende 2019 zugesagt. Ausgewählt werden Flüchtlinge für das Programm vom UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR).

Fünf Gruppen geschult

Das Programm "Neustart im Team" wurde im Mai in Kooperation mit den zuständigen Stellen des Bundes, darunter das Bundesinnenministerium, gestartet. Die Evangelische Kirche von Westfalen hat das Programm maßgeblich vorangetrieben und unterstützt die Mentoren aus einem Fonds von 425.000 Euro. Unterstützung erhält das Projekt "Neustart im Team" unter anderem von den kirchlichen Sozialverbänden Diakonie und Caritas sowie der Mercator Stiftung und der Bertelsmann Stiftung.

Fünf der 25 Gruppen hätten bereits die erforderlichen Schulungen durchlaufen, sagte Pfarrer Born. Bei den Gruppen handele es sich um Ehrenamtliche aus Kirchengemeinden, Kommunen oder um private Gruppen, die Flüchtlingen eine sichere Perspektive in Deutschland eröffnen. Für viele sei es Motivation, etwas zu tun angesichts des Sterbens im Mittelmeer, sagte Born, der die Zivilgesellschaftliche Kontaktstelle zur Schulung und Begleitung der Mentoren am landeskirchlichen Institut für Kirche und Gesellschaft in Schwerte leitet.

"Legale Wege nach Europa notwendig"

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie und der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin, Martin Dutzmann, betonten die Notwendigkeit legaler Wege nach Europa. Solange es diese nicht gebe, werde es weiter die Bilder von verzweifelten Menschen geben, die über das Mittelmeer nach Europa kommen wollen, sagte Dutzmann.

Lilie nannte es ein "Armutszeugnis für ein Europa der Menschenrechte", dass die Frage nach einem gesicherten Zugang bis heute nicht befriedigend beantwortet sei. Beide sprachen sich für eine höhere Resettlement-Quote aus. Weltweit warten den Angaben zufolge rund 1,4 Millionen besonders schutzbedürftige Flüchtlinge auf die Perspektive, in ein anderes Land in Sicherheit gebracht zu werden.

Oberkirchenrat Möller hofft auf Ausbau des Programms

Der Oberkirchenrat der westfälischen Kirche, Ulrich Möller, erklärte, er hoffe, dass das Programm noch weiter ausgebaut werde. „Neustart im Team“ habe das Potenzial, dass aus 500 Plätzen 5.000 werden, sagte er. Die westfälische Kirche schießt über einen Fonds für Gruppen von Ehrenamtlichen auch das Geld vor, das von den Mentorengruppen für die Miete aufgebracht werden muss. Die finanzielle Hürde dürfe nicht dazu führen, dass Leute sich nicht engagieren, sagte er.

Mit dem Programm gebe es nach dem Vorbild der kleinen evangelischen Kirchen in Italien nun auch nach Deutschland einen "humanitären Korridor", der den Flüchtlingen die lebensgefährliche Fahrt über das Mittelmeer erspare. Die zunächst 500 Personen in zwei Jahren seien zwar eine kleine Zahl und keine hinreichende Antwort auf das Versagen der europäischen Politik, aber "vielleicht ein Stachel gegen die Gleichgültigkeit, das Wegsehen". Die Zusammenarbeit von Staat, Kirche und engagierten Einzelnen könne andere animieren und den politisch Verantwortlichen vor Augen führen: "Wir können etwas tun - gemeinsam."