Berlin (epd). Sechs Journalisten sind am 26. Juni mit dem Theodor-Wolff-Preis der deutschen Zeitungen ausgezeichnet worden. In der Kategorie "Meinung überregional" ging der Preis an Daniel Schulz von der "tageszeitung" (taz), wie der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) in Berlin mitteilte. Schulz' Stück "Wir waren Brüder" über seine Jugend in Ostdeutschland und rechte Strukturen in der Gesellschaft sei ein "relevanter, tiefgründig archäologischer Text unserer Zeit", befand die Jury. Der Autor und Biograf Michael Jürgs (74) wurde für sein Lebenswerk geehrt.
Der schwer erkrankte Jürgs konnte den Preis nicht persönlich entgegennehmen. "Die Umschreibung unseres geliebten Berufes als vierte Macht war mir stets zu martialisch", erklärte der frühere Chefredakteur von "Stern" und "Tempo" in seiner von BDZV-Präsident Mathias Döpfner verlesenen Dankesbotschaft: "Jetzt aber, in Zeiten, da Barbaren unsere Zivilgesellschaft attackieren und vor Mord nicht zurückschrecken, ist es der passende Begriff."
Anwalt der Menschen in der Provinz
In der Kategorie "Meinung lokal" ging der Preis an Gregor Peter Schmitz von der "Augsburger Allgemeinen". In seinem Beitrag "Heimat-Schutz" habe sich der Autor zum Anwalt der Menschen in der Provinz gemacht. In der Kategorie "Reportage lokal" zeichnete die Jury Maris Hubschmid aus. Die "Tagesspiegel"-Redakteurin erhielt den Preis für ihre Reportage "Bis zum letzten Tropfen" über ein Heim für alkoholkranke Männer in Berlin.
Marius Buhl vom Magazin der "Süddeutschen Zeitung" wurde in der Kategorie "Reportage überregional" ausgezeichnet. Sein Text "Bis zum Letzten" über die langsamsten Mitläufer eines Marathons habe "die Perspektive genial umgedreht", würdigte die Jury unter Vorsitz des stellvertretenden "Bild"-Chefredakteurs Nikolaus Blome.
Preisträger beim Jury-Thema des Jahres "Welt im Umbruch - Demokratie in Gefahr" ist Andrian Kreye von der "Süddeutschen Zeitung". An seinem Text "Berührungspunkte" gefiel der Jury ein betont unaufgeregter Blick auf das Thema Künstliche Intelligenz.
Disput über "Zeit"-Beitrag
Die Auszeichnungen sind in den Standardkategorien je Preisträger mit 6.000 Euro dotiert. Der Preis wird seit 1962 verliehen und erinnert an Theodor Wolff (1868-1943), den langjährigen Chefredakteur des "Berliner Tageblatts". Wolff musste 1933 vor den Nazis ins französische Exil fliehen, dort wurde er verhaftet und der Gestapo ausgeliefert. 1943 starb er im Jüdischen Krankenhaus in Berlin.
Zu den Nominierten für den diesjährigen Preis hatten ursprünglich auch die beiden "Zeit"-Redakteurinnen Mariam Lau und Caterina Lobenstein gehört. Sie hatten für die Wochenzeitung im Juli 2018 einen umstrittenen Beitrag über das Für und Wider privater Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer verfasst. Lobenstein, die in dem Beitrag die Pro-Position vertreten hatte, wollte für diesen Beitrag jedoch nicht nominiert werden. Der "Zeit-Artikel hatte vor allem wegen der Überschrift "Oder soll man es lassen?" für Empörung gesorgt. Die Chefredaktion der Wochenzeitung hatte im Nachgang Fehler bei der Aufmachung des Artikels eingeräumt.