Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, hat davor gewarnt, die Errungenschaften des Grundgesetzes leichtfertig preiszugeben. Wie gefestigt eine Demokratie sei, zeige sich auch daran, ob sie den Angriffen von Rechtspopulisten standhalte und ob sich die Mehrheit schützend vor die Minderheiten stelle, sagte Schuster am 16. Mai in Berlin bei der Verleihung des Leo-Baeck-Preises an den Vorstandsvorsitzenden des Axel-Springer-Konzerns, Mathias Döpfner. Der Zentralrat der Juden ehrte den Medienkonzernchef damit für sein jahrzehntelanges Engagement für die jüdische Gemeinschaft und für den Staat Israel.

Döpfner habe sich in zahlreichen Artikeln und Reden mit Antisemitismus in all seinen Formen in Deutschland auseinandergesetzt, hieß es zur Begründung. Die Erinnerung an die Schoah und die daraus resultierende Verantwortung Deutschlands gegen jede Form von Intoleranz und für Israel seien ihm ein Herzensthema.

"Meinungsführer"

Schuster würdigte Döpfner zudem als einen Meinungsführer, der nicht schweige, wenn Juden und der Staat Israel angegriffen oder verächtlich gemacht würden. Döpfner finde klare Worte gegen einen neuen Antisemitismus, der häufig als einseitige Israel-Kritik daherkomme und offenbar weite Teile der Bevölkerung kaum beunruhige. Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Ronald S. Lauder, würdigte den Preisträger als Kämpfer gegen Kommunismus und Verteidiger Israels. Damit stehe der heutige Leiter des Medienkonzerns in Tradition zu Axel Springer.

"Wenn Deutschland es nicht schafft, ein glaubwürdiger Vorreiter im erfolgreichen Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus zu sein, haben wir die zweite Chance, die die Geschichte uns zu gewähren scheint, nicht genutzt", warnte Döpfner bei der Preisverleihung. Zugleich verwies er darauf, dass die Zahl antisemitischer Straftaten in Deutschland 2018 auf 1.799 und damit um 17 Prozent gestiegen sei. In seiner Dankesrede forderte er eine konsequenter Umsetzung der Gesetze im Kampf gegen Antisemitismus.

Der 56-Jährige schilderte zudem sehr persönlich von seiner Auseinandersetzung mit der Schoah von früher Jugend an. Während seiner ersten Israelreise habe er Überlebende des Holocaust getroffen. Trotz der erlittenen Gräueltaten habe er bei ihnen auch eine Sehnsucht nach Deutschland gespürt. "Nie wieder diese Barbarei" sei seine Motivation gegen Antisemitismus einzutreten, sagte der Vorstandsvorsitzende.

Schuster lobt Grundgesetz

Mit Blick auf den 70. Jahrestag der Verkündung des deutschen Grundgesetzes am 23. Mai plädierte Zentralratspräsident Schuster auch für "mehr Verfassungspatriotismus". Es liege zu einem erheblichen Teil an diesem Grundgesetz und seiner Umsetzung im demokratischen Rechtsstaat, "dass Juden nach der Schoah das Vertrauen gefasst haben, wieder in Deutschland zu leben", sagte Schuster.

Der mit 10.000 Euro dotierte Leo-Baeck-Preis ist die höchste Auszeichnung des Zentralrats. Mit dem Preis, der an den Rabbiner Leo Baeck (1873-1956) erinnert, ehrt der Zentralrat der Juden seit 1957 Persönlichkeiten, die sich in herausragender Weise um die jüdische Gemeinschaft verdient gemacht haben. Zu den Preisträgern gehören die früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker (1994), Roman Herzog (1998) und Christian Wulff (2011), Bundeskanzlerin Angela Merkel (2007) und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. 2018 erhielt der ehemalige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) den Preis.