25 Jahre nach dem Ende der Rassentrennung sollten in Südafrika wieder Bücher verbrannt werden. Eine Jugendgruppe der Regierungspartei Afrikanischer Nationalkongress (ANC) plante die Verbrennung eines Buches über einen neuen Korruptionsskandal in der Partei. Die Bücherverbrennung wurde zwar abgesagt, bei einer Buchvorstellung in Johannesburg Anfang April wurden jedoch Exemplare öffentlich zerrissen, so dass die Veranstaltung vorzeitig beendet wurde.

Die Aufregung über das Buch "Gangster State" des Journalisten Pieter-Louis Myburgh zeugt nicht nur von Spannungen innerhalb der Regierungspartei, sondern auch von der aufgeheizten Stimmung im Land, wo 25 Jahre nach den ersten demokratischen Wahlen Frustration und Enttäuschung dominieren. Die Euphorie von damals hat sich bei vielen ins Gegenteil gekehrt.

Vom 26. bis 29. April 1994 fanden in Südafrika die ersten freien Wahlen statt. Nelson Mandela kündigte den Beginn einer neuen Epoche an und versprach eine Ära der Hoffnung, der Versöhnung und des Aufbaus einer Nation. Das Land habe die Zeit des Pessimismus, der Spaltung und des Konflikts hinter sich gelassen, sagte er. Das Apartheid-Regime hatte Tausende verbotener Bücher verbrennen lassen, unter anderem in Hochöfen.

Unsicherer Friede

Die Wahlen besiegelten das Ende des Regimes, das die schwarze Mehrheit jahrzehntelang unterjocht hatte. In ganz Südafrika bildeten sich lange Schlangen vor den Wahllokalen. Alte und Gebrechliche wurden von Angehörigen gestützt, einige sogar getragen. Viele Männer und Frauen hatten ihr ganzes Leben auf diesen Tag gewartet, vor allem die Schwarzen, die zum ersten Mal gleichberechtigt mit den Weißen wählen durften. Stundenlange Wartezeiten konnten sie nicht davon abhalten, ihre Stimme abzugeben.

Viele kamen mit Landsleuten ins Gespräch. "Sie erkannten auf einmal, dass sie alle Südafrikaner waren und sie waren stolz darauf", erinnert sich der emeritierte anglikanische Erzbischof Desmond Tutu in seinem Buch "The Rainbow People of God" (Die Regenbogen-Nation Gottes). Alle hätten sich wie frisch verliebt gefühlt, das ganze Land sei tagelang auf Wolke Sieben geschwebt.

Dabei war der Frieden damals höchst unsicher. Seit der Freilassung Mandelas 1990 waren bei politischen Unruhen und Anschlägen Tausende Menschen getötet worden. Kurz nach Öffnung der Wahllokale zündeten weiße Rechtsextremisten eine Bombe am Johannesburger Flughafen. Schon in den Tagen und Wochen zuvor hatten sie mehrere Anschläge verübt, um einen eigenen "Volksstaat" zu erzwingen. Es gab Tote und Verletzte.

Die friedliche, teils euphorische Stimmung der Wähler konnte jedoch weder durch die Angst vor Gewalt, noch durch erhebliche logistische Pannen getrübt werden. Vor allem in den ländlichen Gebieten der Schwarzen, den früheren Homelands, und den dicht besiedelten Townships am Rande der Städte fehlten zunächst Stimmzettel, Wahlurnen und Wahlkabinen. "Diese Wahl ist weit entfernt von Perfektion, aber noch viel weiter von einem Desaster", bilanzierte der sichtlich erschöpfte Leiter der Wahlkommission, Johann Kriegler.

"Endlich frei!"

Internationale Beobachter stimmten ihm zu, dass die erste demokratische Wahl im Großen und Ganzen fair und frei gewesen sei und das Ergebnis den Willen der Wähler widerspiegele. Wenige Tage später verkündete Mandela mit einem Freudentanz und den Worten "Endlich frei!" den Sieg des ANC, der rund 62 Prozent der Stimmen errungen hatte. In den Townships wurde daraufhin die ganze Nacht gefeiert.

25 Jahre später ist die Stimmung umgeschlagen. Wenn am 8. Mai ein neues Parlament und damit auch der Präsident gewählt wird, muss der ANC um seine Mehrheit kämpfen. Die einstige Befreiungsbewegung und Partei Mandelas wird von internen Streitigkeiten und Korruptionsvorwürfen erschüttert. Oppositionsführer Mmusi Maimane von der Demokratischen Allianz sprach gar von einer kriminellen Organisation, die sich für systematische Korruption und Verschwendung öffentlicher Gelder verantworten müsse.

Missmanagement durch die ANC-Regierungen seit 1994 wird auch für den Zustand der Wirtschaft verantwortlich gemacht. Die Arbeitslosigkeit liegt noch immer bei weit über 20 Prozent, viele Menschen leben in Armut und in Teilen des Landes gibt es noch immer kein Stromnetz. Vor 25 Jahren überwog die Hoffnung, dies würde sich rasch ändern.