Die Ruhrfestspiele bringen in diesem Jahr nationales und internationales Theater unter dem Motto "Poesie und Politik" auf die Bühnen von Recklinghausen und Marl. Die insgesamt 90 Produktionen aus 16 Ländern befassten sich ab dem 01. Mai mit dem Zusammenleben verschiedener Kulturen, Abschottungsfantasien in Europa und Strukturen von Populismus, kündigte der neue Intendant Olaf Kröck am 26. April an. Die Produktionen sind bis 9. Juni unter anderem im Ruhrfestspielhaus, der Christuskirche und in der Recklinghäuser Innenstadt zu sehen.

Nach dem Ende des Steinkohlebergbaus wollten sich die Ruhrfestspiele weiterentwickeln, sagte der Intendant. Dabei müssten die Themen die Lebenswirklichkeit der Menschen betreffen. "Wir wollen sie in einem europäischen Kontext im Theater verhandeln", betonte Kröck.

In seiner ersten Saison präsentiert Kröck, Nachfolger von Frank Hoffmann, unter anderem drei Eigenproduktionen. Zu den Höhepunkten des gesamten Festivals zähle die Produktion von "What is the City but the People?", die nach einer Idee des Konzeptkünstlers Jeremy Deller konzipiert wurde. In der Recklinghäuser Innenstadt werden am 4. Mai 100 ausgewählte Bürger ihre Lebensgeschichten auf einem Laufsteg mitten in der Innenstadt präsentieren.

Zu den sieben Deutschlandpremieren zählen "The Prisoner" von Peter Brook und Marie-Hélène Estienne in Zusammenarbeit mit dem Théâtre des Bouffes du Nord Paris. Aus Indien präsentiert sich der Theatermacher Abishek Thapar mit "My Life at the Intersection/Mein Leben an der Kreuzung". Sein Stück über die Frage nach Heimat, Herkunft, Familie und die Bedeutung der Geschichte für das eigene Leben ist auch Teil des Festival-Kapitels #jungeszene mit Arbeiten junger Theatermacher.

Im Rahmen von #jungeszene stellt auch das namibische Kaleni Kollektiv mit seinem Festival "Owela" die Frage nach der Zukunft der Arbeit. Als Eigenproduktion der Ruhrfestspiele entwickelten darin acht Künstler zwischen Deutschland und Namibia mit Initiativen aus Windhoek Performances, Choreographien, Installationen, Filme und Inszenierungen, hieß es.

In diesem Jahr werden mehr als 850 Künstler unter anderem auch aus Israel, Mexiko, den Niederlanden, Griechenland, den USA, Australien, Spanien, der Schweiz und der Ukraine beteiligt sein. Mit Theaterproduktionen, Tanzabenden, Ausstellungen und Diskussionen kommen die diesjährigen Ruhrfestspiele auf 210 Veranstaltungen.

Die Ruhrfestspiele waren vor über 70 Jahren nach dem Motto "Kunst gegen Kohle" in der Nachkriegszeit gegründet worden. Hamburger Theaterleute waren im Winter 1946/47 ins Ruhrgebiet gereist, um Kohle für ihre Spielstätten zu besorgen. Nachdem die Bergleute halfen, die Kohle an der englischen Besatzung vorbei nach Hamburg zu schleusen, bedankten sich die Künstler im folgenden Sommer mit Gastspielen.