Nach den Anschlägen auf Kirchen und Hotels in Sri Lanka hat der Politikwissenschaftler Heiner Bielefeldt Aussagen widersprochen, dass Christen weltweit stärker verfolgt werden als andere Religionsgruppen. "Die Verschlechterung der Situation der Religionsfreiheit in vielen Teilen der Welt trifft in der Tat auch die Christen", sagte der Professor der Universität Erlangen am 24. April im WDR5-"Morgenecho". Jedoch müsse man bedenken, dass es weltweit mehr Christen als andere Religionsgruppen gebe.

"In absoluten Zahlen kann es durchaus sein, dass Christen die am stärksten verfolgte Gruppe sind", sagte Bielefeldt, der von 2010 bis 2016 UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit war. Jedoch würden andere Gruppen, darunter auch sehr kleine Gruppen wie die Bahai, proportional ähnlich oder vielleicht sogar stärker verfolgt. Dass sich aber die Gewalt auf Sri Lanka spezifisch gegen die dort kleine Gruppe der Christen richtete, sei in der Tat neu und unerwartet, sagte der Politologe. Mehr als 70 Prozent der 22 Millionen Einwohner Sri Lankas sind Buddhisten, zwölf Prozent Hindus, zehn Prozent Muslime und gut sieben Prozent Christen.

Bielefeldt rief dazu auf, präzise über Gewalt im Namen der Religion zu reden. Wenn es um Gewalt im Namen des Islam gehe, müsse man bedenken, dass davon weltweit auch viele Muslime betroffen seien, wenn auch nicht bei den Anschlägen in Sri Lanka. "Wir müssen uns immer klarmachen, dass Religionsgemeinschaften auch intern eine enorme Vielfalt aufweisen", betonte der Politikwissenschaftler. Für die meisten Muslime sei die Gewalt genauso absurd, fürchterlich und unverständlich wie für Nicht-Muslime.

Bei den Anschlägen auf Kirchen und Hotels hatten Selbstmordattentäter am Ostersonntag in Sri Lanka mindestens 359 Menschen getötet und etwa 500 verletzt. Laut der Regierung in Colombo war die Tat ein Racheakt islamischer Terroristen für das Moschee-Massaker Mitte März im neuseeländischen Christchurch. Die Terrormiliz "Islamischer Staat" hat sich zu den Anschlägen bekannt.