Durch Deutschland verläuft ein Riss zwischen armen und reichen Regionen. Wie eine am 24. April in Düsseldorf veröffentlichte Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zeigt, fällt das durchschnittliche verfügbare Einkommen der Privathaushalte höchst unterschiedlich aus. So standen der Studie zufolge 2016 im Landkreis Starnberg bei München pro Person und Jahr im Schnitt 34.987 Euro zur Verfügung. Das war mehr als doppelt so viel wie in Gelsenkirchen, wo das Pro-Kopf-Einkommen bei 16.203 Euro lag. Der Paritätische Wohlfahrtsverband warnte vor regionalen Armutsspiralen.

Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Böckler-Stiftung wertete den Angaben zufolge die Einkommensdaten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder für alle 401 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte aus. Als verfügbares Einkommen eines privaten Haushaltes gilt das Einkommen nach Steuern, Sozialabgaben und Sozialtransfers, das für den Konsum verwendet oder gespart werden kann.

Spitzenreiter Starnberg

Nach Spitzenreiter Starnberg liegen Heilbronn und der Hochtaunuskreis mit durchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen von mehr als 30.000 Euro auf dem zweiten und dritten Platz. Weniger als 17.000 Euro pro Kopf und Jahr weist neben Gelsenkirchen nur noch Duisburg mit 16.881 Euro auf. Unter der Marke von 20.000 Euro liegen laut Studie auch weitere Teile des Ruhrgebiets, des Saarlandes, von Niedersachsen und auch zahlreiche ostdeutsche Kreise und Städte wie Leipzig, Frankfurt an der Oder, Brandenburg an der Havel, Rostock und der Landkreis Vorpommern-Greifswald.

Generell seien die verfügbaren Einkommen nach Abzug der Preissteigerung zwischen 2000 und 2018 im deutschen Durchschnitt um 12,3 Prozent gestiegen, hieß es. Dabei seien die Zuwächse in den ostdeutschen Bundesländern etwas höher gewesen als im Westen, bei einem deutlich niedrigeren Ausgangsniveau.

Zerrissenes Land

Den bundesweit stärksten Anstieg gab es in Heilbronn, wo das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen seit der Jahrtausendwende real um 43 Prozent zulegte. Das führen die Wissenschaftler vor allem darauf zurück, dass in der Kommune mehrere sehr reiche Einzelpersonen gemeldet sind, darunter Milliardär und Lidl-Eigentümer Dieter Schwarz. Gegen den Trend zurückgegangen ist das verfügbare Einkommen dagegen in 33 Kreisen und Städten, darunter in Offenbach am Main, Bremerhaven, Essen, Baden-Baden und Ansbach.

Der paritätische Wohlfahrtsverband forderte mehr finanzielle Unterstützung für strukturschwache Regionen und die Beibehaltung des Solidaritätszuschlags. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider erklärte in Berlin, Deutschland sei nicht nur sozial, sondern auch regional ein zerrissenes Land. Während die Armutsquote in Bayern und Baden-Württemberg bei 12,1 Prozent liege, betrage sie in Norddeutschland 17,3 Prozent. Regionen wie das Ruhrgebiet befänden in einer Armutsspirale nach unten, aus der sie aus eigener Kraft kaum noch herauskommen könnten, sagte Schneider.

Die Parteivorsitzende der Linken, Katja Kipping, wandte sich ebenfalls gegen eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags, wie sie Union und FDP anstreben. Es sei "ökonomisch dumm", auf öffentliche Investitionen in die Infrastruktur, in Schulen, Kitas, Pflegeheime, Straßen und Brücken zu verzichten, erklärte Kipping.