Der amtierende ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm hat die Kritik am umstrittenen "Framing-Manual" des Senderverbundes zurückgewiesen. "Die Aufregung um das Papier halte ich für völlig übertrieben. Es handelt sich um eine Workshop-Unterlage von 2017 und nicht um eine verbindliche Kommunikationsstrategie oder um eine Handlungsanweisung an die Mitarbeitenden", erklärte Wilhelm am 19. Februar in München. Jede Landesrundfunkanstalt habe frei entschieden, wie sie mit den Erkenntnissen umgeht.

Zuvor hatte die ARD-Generalsekretärin Susanne Pfab dem Evangelischen Pressedienst (epd) gesagt, wissenschaftliche Expertise für die professionelle Kommunikation einzuholen, sei für nahezu jedes Unternehmen und nahezu jede Institution ein ganz normaler Vorgang. Die Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling hatte das 89-seitige Dokument mit dem Titel "Framing-Manual" bereits vor zwei Jahren im Auftrag des MDR erstellt, der damals den ARD-Vorsitz innehatte. Die Kosten für die Arbeitsunterlage und begleitende Workshops hätten sich auf 90.000 Euro belaufen, die der MDR als Vorsitzanstalt bezahlt habe, teilte die ARD am Dienstag mit. 30.000 Euro habe zudem das ARD-Generalsekretariat für Folgeworkshops bezahlt.

Das Blog "netzpolitik.org" hatte das Dokument veröffentlicht, nachdem einige Medien darüber berichtet und damit eine öffentliche Debatte ausgelöst hatten. Der ARD wird vorgeworfen, sich mit der darin beschriebenen Framing-Methode einer manipulativen Strategie zu bedienen.

Strategie verteidigt

Die Sprachforscherin Wehling veröffentlichte am 18. Februar auf ihrer Internetseite eine "Klarstellung" in eigener Sache. Inhalt des Auftrages des MDR sei es gewesen, "die Kommunikation der öffentlich-rechtlichen ARD als Institution zu analysieren und auf Basis der wissenschaftlichen Erfahrung aufzuzeigen, welche Alternativen zu welchen Worten mit welchen Bedeutungsinhalten besetzt sind", schreibt Wehling. Ziel sei es gewesen, der "ARD darin eine gedankliche Grundlage zu schaffen für eine Kommunikation, die auf Basis der unbestrittenen Fakten den tatsächlichen Wert des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die Demokratie schon auf den ersten Blick besser erkennbar macht".

Der Politikberater Johannes Hillje verteidigte diese Strategie der ARD: "Unternehmen wollen durch Kommunikation ihre Produkte verkaufen, die ARD will ihre Werte und demokratische Rolle darstellen. Beides ist legitim und sinnvoll", sagte Hillje dem epd in Berlin. Ebenso sei es "vollkommen legitim", dass sich die ARD in Kommunikationsfragen beraten lässt. Es gebe seit einigen Jahren eine stark polarisierte Debatte über den Rundfunk. "Die ARD sollte wirksam ihre eigenen Werte und ihre gesellschaftliche Funktion kommunizieren, dazu ist eine Framing-Beratung sinnvoll."

Hillje kritisierte allerdings die konkrete Umsetzung der Framing-Methode in dem Manual. "Das Grundproblem ist, dass hier ein stark moralgestützes Framing für einen Akteur vorgeschlagen wird, dessen Kernwerte Sachlichkeit und Neutralität sind", sagte der Politikberater. Die ARD sei ein Akteur, der Nachrichten anbiete, die sich an möglichst objektiven Kriterien und weniger subjektivem Empfinden orientieren.

Die Diskreditierung von Privatmedien und Rundfunkgegnern legitimiere den Diskurs der gegenseitigen Abwertung, sagte Hillje. "Die Gegner der ARD sagen 'Staatszensur', die ARD antwortet mit 'Profitzensur'." Das beidseitige rhetorische Aufrüsten befördere die Polarisierung, die vor allem Populisten in die Karten spiele.