Weniger Mitglieder, weniger Kirchen: Etliche evangelische Kirchengemeinden haben in den vergangenen Jahren Kirchengebäude aufgeben, verkaufen oder abreißen müssen, wie eine epd-Umfrage zeigt. Von 2008 bis 2018 schloss alleine in der Evangelischen Kirche im Rheinland etwa jede zehnte Kirche die Türen: 150 Kirchengebäude wurden nach Angaben der Landeskirche in diesem Zeitraum entwidmet, zwischen neun und 22 pro Jahr. Im gleichen Zeitraum ging die Zahl der Protestanten im Rheinland von 2,9 auf 2,5 Millionen zurück.

In der Evangelischen Kirche von Westfalen sank die Mitgliederzahl seit dem Jahr 2000 von rund 2,7 Millionen auf rund 2,2 Millionen in 2018. Auch hier hatte der Mitgliederrückgang Auswirkungen: Von 2001 bis 2018 wurden 78 der mehr als 900 Kirchen aufgegeben, außerdem 61 weitere Gottesdienststätten. Durchschnittlich waren es fünf aufgegebene Kirchen pro Jahr. Die meisten wurden im Jahr 2007 verzeichnet, in dem elf Kirchen aufgegeben wurden. 2018 waren es drei. 26 ehemalige Kirchen wurden verkauft, zehn vermietet und zwölf abgerissen. Bei 18 entwidmeten Kirchen ist laut aktueller Statistik der viertgrößten Landeskirche noch offen, was mit ihnen geschieht, weitere zwölf Gebäude fallen unters Erbbaurecht.

Rheinischer Vizepräses für neue Nutzung als Orte der Gemeinschaft

Nachdem in den 1960er bis 1980er Jahren noch viele neue evangelische Kirchen und Gemeindehäuser gebaut worden seien, heiße es nun "Abschied nehmen und loslassen", sagte der rheinische Vizepräses Christoph Pistorius dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Düsseldorf. Das falle vielen Menschen nicht leicht, weil sie dort bedeutsame Ereignisse wie ihre Hochzeit oder die Taufe ihres Kindes erlebt hätten. "Menschen bewegt es, wenn sie hören, dass 'ihre' Kirche geschlossen wird", sagte der Theologe. Veränderungen erforderten Mut und Vertrauen.

Gut sei es, wenn aufgegebene Kirchen neu genutzt werden und weiterhin als "Treffpunkt oder Ort der Gemeinschaft" dienen könnten, sagte Pistorius. In Essen wurde beispielsweise die Neue Pauluskirche nach ihrer Entwidmung zu einem Seniorenzentrum und einer Kindertageseinrichtung umgebaut. "Aber aus eigener Erfahrung weiß ich, dass nicht immer der Erhalt eines Gebäudes möglich ist", räumte der Theologe ein.

Auch die gemeinsame Nutzung einer Kirche durch evangelische und katholische Gemeinden sei "ein wegweisendes Zeichen", erklärte der Vizepräses. Im Gebiet der rheinischen Landeskirche gibt es den Angaben zufolge bereits fünf solcher "ökumenischen Wohngemeinschaften", davon eine in Essen in einer evangelischen Kirche, die anderen in Aachen, Mettmann und Krefeld.

In der lippischen Kirche - mit rund 159.000 Mitgliedern eine der kleinen der 20 Landeskirchen in Deutschland - ist die Aufgabe von Kirchengebäuden indes kein Thema. Bislang sei im Jahr 2014 eine evangelische Kirche in Bad Salzuflen an eine Freikirche verkauft und ein Jahr später umgewidmet worden, sagte Öffentlichkeitsreferentin Birgit Brokmeier dem epd. "Derzeit steht in Lippe keine Kirche leer, ist vermietet, verkauft oder zum Verkauf stehend." Zur Lippischen Landeskirche gehören 69 Kirchengemeinden mit insgesamt rund 90 Kirchen.