Die Suche nach kurzfristiger Zustimmung der Bevölkerung und einseitigen Lösungen bedrohe die internationale Ordnung, beklagte er am 7. Januar beim Neujahrsempfang für das diplomatische Corps des Heiligen Stuhls. Populistische Tendenzen erinnerten durch die Schwächung internationaler Organisationen an die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg.

Vor dem für Februar im Vatikan geplanten Missbrauchsgipfel mit den Spitzen der katholischen Bischofskonferenzen weltweit bekräftigte Franziskus seinen Willen, sexuelle Übergriffe durch Geistliche sowie deren Vertuschung zu ahnden und für Prävention zu sorgen. Missbrauch füge als eines der schlimmsten Verbrechen "irreparable Schäden für den Rest des Lebens" zu.

Kritik an Aufrüstung

Besorgt äußerte sich der Papst angesichts des drohenden Scheiterns des IFN-Vertrags über nukleare Mittelstreckensysteme überdies über ein neues Wettrüsten. An die Stelle der Abrüstung der vergangenen Jahrzehnte sei ein Streben nach immer weiter entwickelten Atomwaffen mit einem höheren Zerstörungspotential getreten. Der Waffenhandel kenne keine Rückschläge sondern profitiere von einer zunehmenden Tendenz von Staaten und Einzelpersonen, sich zu bewaffnen.

Besonderes Augenmerk richtete der Papst auf die vielfältigen Spannungen im Nahen Osten. Die internationale Gemeinschaft müsse sich dringend für eine politische Lösung des Konflikts in Syrien einsetzen, bei dem es keine Sieger sondern nur Besiegte geben könne. Franziskus forderte insbesondere ein Ende der Verletzungen des humanitären Rechts. Dieses Unrecht füge der Zivilbevölkerung, insbesondere Frauen und Kindern durch Angriffe auf Krankenhäuser, Schulen und Flüchtlingslager unsagbare Leiden zu.

In seiner jährlichen Grundsatzrede an die Diplomaten mahnte der Papst überdies gemeinsame Lösungen für Flüchtlings- und Migrationsströme an. "Jeder Mensch strebt nach einem besseren Leben", betonte das Kirchenoberhaupt. Herausforderungen durch Migration könnten nicht mit Hilfe von Gewalt, Aussonderung oder gar Teillösungen gemeistert werden.

Hinsichtlich zwischenstaatlicher Konflikte und mit Blick auf Migrationsströme beklagte das Kirchenoberhaupt eine Aushöhlung des Völkerrechts. Gefühlsmäßig motivierte und voreilige Maßnahmen könnten zwar kurzfristig für Konsens sorgen. Die grundlegenden Probleme könnten sie jedoch nicht lösen, sondern vergrößerten sie nur.

Vor den beim Heiligen Stuhl akkreditierten Botschaftern verteidigte Franziskus überdies das innerkirchlich umstrittene Abkommen vom vergangenen Jahr mit China zur Ernennung von Bischöfen. Dieses sei das Ergebnis langwieriger Verhandlungen. Der Papst äußerte die Hoffnung, dass weitere Kontakte zur chinesischen Führung noch offene Fragen klären und zur Gewährung der Religionsfreiheit in der Volksrepublik beitragen könnten.