Eine Patientenverfügung muss sich auf konkrete Lebens- und Behandlungssituationen beziehen. Die Hinweise, ein "würdevolles Sterben" und "keine lebenserhaltenden Maßnahmen" zu wünschen, reichten für sich genommen nicht aus, damit die Verfügung wirksam ist, entschied der Bundesgerichtshof in einem am 13. Dezember in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss. Eine wirksame Patientenverfügung sei zudem für alle und damit auch gegen den Willen eines Betreuers bindend. Die Gerichtsentscheidung zeigt nach Auffassung der Deutschen Stiftung Patientenschutz, wie wichtig neben der Patientenverfügung auch eine Vorsorgevollmacht ist. (AZ: XII ZB 107/18)

Konkret ging es um eine 78-jährige Frau aus Bayern, die 2008 einen Schlaganfall erlitten hatte. Sie liegt seitdem im Wachkoma und wird über eine Magensonde künstlich ernährt. Bereits 1998 hatte sie eine Patientenverfügung verfasst, in der sie "lebensverlängernde Maßnahmen" ablehnte, wenn "keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins besteht".

Streit zwischen Angehörigen

Angehörigen gegenüber hatte sie erwähnt, dass sie im Fall eines Wachkomas nicht künstlich ernährt werden wolle. Nach ihrem Schlaganfall im Jahr 2008 hatte sie gegenüber einer Therapeutin einmalig sprechen können und gesagt: "Ich möchte sterben."

Als die Frau ins Wachkoma fiel, wurden der Ehemann und ihr Sohn zu Betreuern bestellt. Der Sohn wollte seit 2014 die künstliche Ernährung seiner Mutter beenden lassen. Es gebe keine Hoffnung, dass sich ihr Zustand bessere. Dies entspreche auch ihren in der Patientenverfügung niedergeschriebenen Willen, argumentierte er.

Der Ehemann lehnte dies ab und verwies darauf, dass seine Frau in der Patientenverfügung ebenfalls ausdrücklich eine "aktive Sterbehilfe" ablehne. Sie sei praktizierende Katholikin gewesen.

Der Bundesgerichtshof hatte in dem konkreten Fall bereits am 24. März 2017 gefordert, Patientenverfügungen ernst zu nehmen. Das Gericht hatte das Verfahren zur weiteren Prüfung an das Landgericht zurückverwiesen (AZ: XII ZB 604/15). Dieses erkannte, dass der in der Verfügung enthaltene Wille der Frau, in solch einer Situation sterben zu wollen, für alle bindend sei. Es bedürfe daher keiner gerichtlichen Genehmigung zum Abbruch der künstlichen Ernährung.

"Eigene Entscheidung akzeptieren"

Die dagegen eingelegte Beschwerde des Ehemannes wies der Bundesgerichtshof nun zurück. Zwar reiche der Wunsch, nach einem "würdevollen Sterben" und "keine lebenserhaltenden Maßnahmen durchzuführen" allein nicht für die Wirksamkeit einer Patientenverfügung aus. Hier habe die Frau aber ausreichend konkret erklärt, in welchen Lebens- und Behandlungssituationen die Verfügung gelten solle - und zwar, wenn "keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins" bestehe. Das führe in diesem Fall zur Wirksamkeit der Patientenverfügung. In solch einer Situation müssten Gerichte den Abbruch der künstlichen Ernährung nicht erst genehmigen. Auch der Betreuer müsse die "eigene Entscheidung der Betroffenen" akzeptieren.

Der BGH-Beschluss mache deutlich, je konkreter eine Patientenverfügung ist, umso besser, erklärte die Stiftung Patientenschutz in Dortmund. Sie empfahl, die eigene Patientenverfügung darauf zu überprüfen, ob klar beschrieben sei, bei welcher Krankheit welche ärztlichen Maßnahmen gewünscht oder abgelehnt werden. "Denn dann ist das Dokument eindeutig und muss entsprechend umgesetzt werden", sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch.