Ein kurioses Werk begrüßt den Besucher am Eingang zur Ausstellung "Bauhaus und Amerika. Experimente in Licht und Bewegung": Die Skulptur "Merry go round" des Kanadiers Marcel Dzamas von 2011 entpuppt sich als eine Art Kinderkarussell mit bunten Blechfiguren, die ein bisschen an die "Star Wars"-Filme, aber auch an erzgebirgische Volkskunst erinnern. Das LWL-Museum für Kunst und Kultur in Münster zeigt seit dem 9. November in der Sonderschau zum bevorstehenden 100-jährigen Gründungsjubiläum des Bauhauses, wie die legendäre Kunstakademie nachfolgende Generationen an Künstlerinnen und Künstler in Nordamerika und Europa bis heute beeinflusst hat. Im Mittelpunkt steht Kunst zu Licht und Bewegung.

Das Bauhaus wurde 1919 von Walter Gropius als Kunstschule in Weimar gegründet, zog 1925 nach Dessau und 1932 nach Berlin. "Das Bauhaus hatte den Anspruch, die Welt neu zu denken, und von Anfang an eine große Lust am Experimentieren", sagt Matthias Löb, Direktor des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL). Der Ansatz war von Anfang an ein interdisziplinärer. Ziel war es, die damals noch strikten Grenzen zwischen bildender, darstellender und angewandter Kunst aufzubrechen.

Innovative Kraft

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurde die Schmiede der damaligen Avantgarde geschlossen. Viele der Bauhaus-Künstler emigrierten damals in die USA. Als Professoren an wegweisenden Kunstinstitutionen wie dem Black Mountain College in North Carolina oder dem New Bauhaus in Chicago entwickelten sie die innovativen Ansätze weiter. Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkten diese Ideen wieder auf Europa zurück, so dass sich hier bis in die Gegenwartskunst hinein Positionen des Bauhauses finden.

In der Ausstellung werden bis zum 10. März rund 150 Arbeiten aus den Bereichen Malerei, Skulptur, Fotografie und Film gezeigt, die Einblick in das Schaffen von 50 Künstlern geben sollen. Zu den Exponaten zählen Leihgaben aus bedeutenden internationalen Museen wie dem J. Paul Getty Museum in Los Angeles, dem Centre Pompidou in Paris oder der Londoner Tate Gallery. "Wir wollen die wechselseitigen Interaktionen aufzuzeigen, mit denen das Bauhaus auf die Entwicklung von Film, Fotografie, Op-Art, Tanz und Performance eingewirkt hat", umreißt Kuratorin Tanja Pirig-Marshall das Ausstellungskonzept.

Ein Beispiel für die innovative Kraft ist die Bauhausbühne, die als Werkstatt für Improvisationen diente. Neben Bühnenentwürfen von Wassily Kandinsky, Oskar Schlemmer und Andor Weininger zeigt die Ausstellung den 1930 entstandenen "Licht-Raum-Modulator" von László Moholy-Nagy (1895-1946).

Das auch unter dem Titel "Lichtrequisit für eine elektrische Bühne" bekannte Objekt gilt als die erste großformatige Lichtskulptur. Sie besteht aus flächigen Elementen unterschiedlicher Form und Struktur, die auf einer elektrisch angetriebenen Platte montiert sind. Durch die Drehbewegung entsteht auf der Wand ein immaterielles Spiel aus Licht und Schatten, das mit der Materialität der bewegten Elemente korrespondiert. Zu sehen ist ein Nachbau von 2006, der jeden Tag um 11 und 16 Uhr jeweils für 15 Minuten in Aktion tritt.

Von Oskar Schlemmer zu John Cage

Ein weiterer Schwerpunkt der Bauhauskünstler waren Tanz und Bewegung. So untersuchte der Maler, Bildhauer und Bühnenbildner Oskar Schlemmer (1888-1943) das Verhältnis des Körpers zu Raum und Zeit. Amerikanische Choreografen und Tänzer wie Merce Cunningham und John Cage nahmen diesen Ansatz auf und bauten ihn zu einer am Prozess orientierten Performance-Kunst aus. Diese Entwicklung macht die Ausstellung anhandvon Bewegungsstudien in Filmen und Bildern deutlich.

Zudem wird an acht Terminen im Foyer die Tanzperformance "Mesh" aufgeführt, die von Matthias Markstein und Isaac Spencer eigens für die Präsentation im LWL-Museum entwickelt wurde.

Ebenfalls ein geeignetes Experimentierfeld, um Licht und Bewegung in reinster Form zum Ausdruck zu bringen, war in den 1920er Jahren der noch junge Film. In ihren Lichtexperimenten brachten die Bauhauskünstler Farben und Formen zum Tanzen, machten Klänge und Töne visuell erlebbar und das Licht zum eigentlichen Star auf der Leinwand. In Münster erinnern bedeutende Werke des Absoluten Films von Viking Eggeling, Hans Richter und Oskar Fischinger an die kreative Aufbruchsstimmung nach dem Ende des Ersten Weltkrieges in Deutschland. Ergänzt werden sie durch illusorische Lichtkunst der aus Kalifornien stammenden Künstler Robert Irwin und James Turell.