Köln, Bonn (epd). Auch in Köln und Bonn drohen ab dem kommenden Jahr Fahrverbote für Dieselfahrzeuge: Das Verwaltungsgericht Köln hat entsprechende Verbote in den beiden rheinischen Städten am 8. November als "notwendig" bezeichnet. Beide Städte hätten es nicht geschafft, Maßnahmen zu ergreifen, um den Grenzwert für Stickstoffdioxid von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter einzuhalten, erklärte das Gericht in zwei Urteilen (13 K 6684/15, 13 K 6682/15).
ADAC und Land kritisieren Urteile
Die NRW-Landesregierung und der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) kritisierten die Entscheidung, der Städtetag NRW forderte von den Autobauern eine flächendeckende Nachrüstung von Dieselfahrzeugen. Gegen die Urteile kann Berufung eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht NRW in Münster entscheiden würde.
Die Fahrverbote in Köln und Bonn sollen laut Entscheidung der Richter ab April 2019 gelten. Das Fahrverbot in Köln soll im Bereich der grünen Umweltzone zunächst für Dieselfahrzeuge mit Euro-4-Motoren und älter sowie Benzinern der Klassen 1 und 2 in Kraft treten. Ab September 2019 soll das Verbot auch Dieselfahrzeuge der Klasse Euro 5 erfassen. In Bonn sind zwei Straßen betroffen: Dort dürfen Dieselfahrzeuge mit Euro-4-Motoren beziehungsweise Euro-5-Motoren und älter nicht fahren, zudem sind auch dort ältere Benzinfahrzeuge untersagt (Euro 1 bis 3).
Hintergrund des Verfahrens ist eine Reihe von Klagen, mit denen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) derzeit Kommunen in ganz Deutschland zur Durchsetzung von Fahrverboten vor allem gegen Dieselfahrzeuge zwingen will. Die Organisation fordert die Änderung der Luftreinhaltepläne in Köln und Bonn, um die Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid zu erreichen. Die DUH ist der Auffassung, der Grenzwert könne nur durch eine rasche Umsetzung kurzfristiger Maßnahmen wie etwa Fahrverbote eingehalten werden. Die Luftverschmutzung durch Stickoxide könnte demnach dazu führen, dass etwa Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Menschen ausgelöst oder verschlimmert würden.
Das Gericht wies das beklagte Land NRW und die Kommunen an, die Luftreinhaltepläne zu ergänzen und ausreichende Maßnahmen zur Verbesserung der Luftsituation zu ergreifen. In beiden Städten seien in diesem Zusammenhang auch Fahrverbote "notwendig".
DUH wertet Entscheidung als "schallende Ohrfeige"
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch bezeichnete die Entscheidung des Verwaltungsgerichts als "schallende Ohrfeige in Sachen Luftreinhaltepolitik". Nach Angaben des Verbandes habe man nun zehn Klageverfahren "in Reihe gewonnen". Bund und Land sollten "endlich den Weg für eine saubere Luft in den Städten freimachen", erklärte der Rechtsanwalt der DUH, Remo Klinger.
Kritik an dem Urteil kam unter anderem von NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU). Das Diesel-Fahrverbot für Köln habe "ganz erhebliche Auswirkungen für Anwohner, Pendler und den gesamten Wirtschaftsstandort der Stadt", erklärte sie. Das Gericht habe die "Frage der Verhältnismäßigkeit" bei der Urteilsfindung nicht darlegt. Deshalb werde man "selbstverständlich in Berufung gehen". Für die Aufstellung und Fortschreibung der Luftreinhaltepläne sind in NRW die Bezirksregierungen zuständig.
Der ADAC Nordrhein bezeichnete die Urteile als "schweren Schlag für alle Dieselbesitzer". "Fahrverbote können aber nur das letzte Mittel sein, wenn alle anderen Maßnahmen, die Luft sauberer zu machen, in ihrer Wirksamkeit berechnet wurden und umgesetzt sind", erklärte der ADAC-Mobilitätsexperte Roman Suthold. Gefragt seien nun Hardware-Nachrüstungen bei Dieselfahrzeugen bis Euro 5.
Für eine Nachrüstung von Diesel-Pkw sprach sich auch der Geschäftsführer der Städtetages NRW, Helmut Dedy, aus. "Die Autoindustrie hat dieses Problem verursacht und muss deshalb jetzt umgehend handeln", sagte er. Die Hardware-Nachrüstung sowie die Umstiegsprämien für Euro-4- und Euro-5-Diesel müssten "flächendeckend in ganz NRW angeboten werden", betonte der Vertreter des kommunalen Spitzenverbandes.