Wuppertal (epd). Ein tragisches Künstlerleben: Ein früher Tod mit 31 Jahren und fehlende Anerkennung zu Lebzeiten. Nur fünf ihrer etwa 750 Gemälde konnte sie verkaufen. Erst Jahre später sprach sich herum, welche Qualität die Arbeiten von Paula Modersohn-Becker (1876 - 1907) haben. Das Wuppertaler Von der Heydt-Museum zeigt eine umfangreiche Ausstellung mit Werken der Malerin, die als bedeutendste Vertreterin des Expressionismus und als Pionierin der Moderne gilt.
Mit der Werkschau schließt sich in Wuppertal ein Kreis. Denn einer der ersten, der Modersohn-Beckers Werk früh schätzen lernte, war der Elberfelder Bankier August von der Heydt (1881 - 1943) - Kunstmäzen und Namensgeber des Museums. Schon 1909, zwei Jahre nach ihrem Tod, erwarb er mit dem "Stillleben mit Rhododendron" sein erstes Gemälde von ihr. Das war der Start für den Aufbau einer umfangreichen Sammlung. Heute besitzt das Von der Heydt-Museum mit mehr als 20 Gemälden neben dem Paula Modersohn-Becker-Museum in Bremen den größten Bestand an Bildern der Künstlerin.
Porträts, Stillleben und Landschaften
Das Museum konnte damit bei der Gestaltung der Ausstellung aus dem Vollen schöpfen - Porträts, Selbstporträts, Stillleben und Landschaften prägen das Werk der Künstlerin. "Die Bilder von Paula Modersohn-Becker zeichnen sich durch Ausdrucksstärke und Sensibilität gleichermaßen aus", erläutert Museumsdirektor Gerhard Finckh. Besonders die Darstellung von Menschen lasse ihre Fähigkeit, sich voller Mitgefühl auf das Gegenüber einzulassen, erkennen.
Wie zum Beweis deutet Finckh auf einen seiner Favoriten, das Bild "Kopf eines kleinen Mädchens mit Strohhut", das mit der Nahsicht Typisches für die Arbeit der Künstlerin erkennen lasse. "Hat die Künstlerin ihr Motiv gefunden, so erscheint das, was sie selbst am eindringlichsten wahrnimmt und empfindet, als bildbeherrschend." Das präzise modellierte Gesicht, von blonden Haaren umrahmt, banne den Blick des Betrachters. Gemeinsam mit der nur angedeuteten Landschaft im Hintergrund forme sich ein in sich stimmiges Ganzes.
"Zwischen Worpswede und Paris"
Die Ausstellung mit dem Untertitel "Zwischen Worpswede und Paris" verbindet so zwei Orte, die zentral für den Werdegang der Künstlerin waren. In die Künstlerkolonie Worpswede bei Bremen kam Paula Becker erstmals 1897 und war von der Landschaft und dem Zauber des Ortes sofort tief beeindruckt. Auch die Künstlergemeinschaft, die dort lebte und arbeitete, gefiel ihr. Schon ein Jahr später gehörte sie dazu. Unter anderem arbeitete Fritz Mackensen dort, bei dem die junge Frau zunächst Unterricht nahm, aber auch Otto Modersohn, den sie später heiratete, Hans am Ende und Heinrich Vogeler.
Unterbrochen von längeren Aufenthalten in der Künstlerwelt von Paris blieb sie bis zu ihrem Tod in Worpswede. Entsprechend sind in der Ausstellung Werke aus der Künstlerkolonie ebenso zu sehen wie Arbeiten der Pariser Avantgarde: Ihre Werke seien in den zeitlichen Bezug eingebunden, um Einflüsse deutlich zu machen, erläutert Finckh. Ihre wichtigste Inspiration fand sie bei Paul Cezanne (1839 - 1906) und Paul Gauguin (1848 - 1903). Insgesamt 80 Bilder und Skulpturen sind in der Werkschau zu sehen, mit Leihgaben unter anderem aus Worpswede, Bremen und Amsterdam.
Zu Modersohn-Beckers Lebzeiten bemerkten nur wenige die ungewöhnliche Qualität ihrer Arbeiten. Zu ihren Unterstützern gehörten der Bildhauer Bernhard Hoetger, aber vor allem auch ihr Mann, mit dem sie gleichwohl wegen ihrer Versuche, künstlerisch unabhängig zu werden, oft im Streit lag. Als sich beide nach längerer Trennung wieder versöhnt hatten, war das Glück nur noch von kurzer Dauer. Kurz nach der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter Mathilde starb Modersohn-Becker an einer Embolie. "Wie schade!", so überlieferte Otto Modersohn, seien ihre letzten Worte gewesen.