Angesichts zunehmenden Rechtspopulismus und -radikalismus, Fake News oder Verrohung in sozialen Netzwerken appelliert der rheinische Altpräses Nikolaus Schneider an die Kirchen, sich deutlicher zu positionieren. "Wir sind gefordert Klartext zu reden", sagte der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am 7. September bei einer Veranstaltung in der Katholischen Akademie Die Wolfsburg in Mülheim an der Ruhr. Dabei gehe es um sozialpolitisches Engagement und das predigen des Evangeliums gleichermaßen: "Die Menschen brauchen Orientierung."

Schneider kritisierte, dass Bischöfe beider großen Kirche "aus falscher Sorge, Menschen zu verlieren", oft schweigen oder sich zurückhalten würden. Auch vom derzeitigen EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm würde er sich wünschen, dass er mehr deutlichere Worte fände wie etwa der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sagte er. Bedford-Strohm "schwurbelt mir ein bisschen".

Schneider erinnerte daran, dass die Bekennende Kirche im Nationalsozialismus eine Minderheit gewesen sei und die große Mehrheit der Deutschen Christen das Unrecht damals mit verantwortet hätten: "Das darf uns nicht noch einmal passieren", mahnte der 71-jährige Theologe.

Der Altpräses sprach im Rahmen der Projektreihe "Glückauf Zukunft" aus Anlass der letzten Zechenschließung im Ruhrgebiet Ende 2018. Als Stahlarbeitersohn aus Duisburg und rheinischer Pfarrer habe er viele Abbruchgeschichten, Werks- und Zechenschließungen erlebt, sagte er und prognostizierte dem Ruhrgebiet einen "noch langen und harten Weg" in der Neustrukturierung als Region. Sein Wunsch sei es, in Zukunft auch im Ruhrgebiet wieder mehr Erfolgsgeschichten erleben zu können, betonte Schneider. Am 20. Dezember ist ein großer ökumenischer Gottesdienst zum Abschied des Bergbaus im Essener Dom geplant.