Berlin (epd). Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, hält einen Zusammenbruch der weltweiten Finanzmärkte ähnlich wie 2008 auch heute für möglich. "Eine derartige Krise ist erneut vorstellbar", sagte der Sozialethiker dem Evangelischen Pressedienst (epd). Leider habe sich seitdem nicht sehr viel geändert.
Nur ganz allmählich und vereinzelt würden neben kurzfristigen Renditen auch andere Ziele wirtschaftlichen Handelns in den Blick genommen. "Wenn ich auf die Managergehälter schaue, sind wir von einem Kurswechsel noch weit entfernt", sagte Huber.
Nach 2008 sei es versäumt worden, eine international verantwortete soziale Marktwirtschaft zu entwickeln. "Damit meine ich nicht, das deutsche Modell auf die ganze Welt auszudehnen", sagte der Theologe. Schon die politische Debatte darüber, wie man mehr Transparenz und Verbindlichkeit schaffen kann, sei ausgeblieben. "Dem stand der Rückzug auf nationale Egoismen entgegen, wie er vor allem im Slogan "America first" deutlich wird", sagt Huber, der zudem deutliche Kritik an den Wirtschaftswissenschaften äußerte.
"Ethisch basierte Wissenschaft"
Diese seien aus seiner Sicht nicht ausreichend bemüht, ihre eigene Prognosekapazität zu verbessern. "Eine verantwortliche, ethisch basierte Wissenschaft muss sich dieser Aufgabe stellen", sagt der Berliner Altbischof: "Weit entfernt sind wir von einem Vorsichtsprinzip, um Einbrüchen wie 2008 vorzubeugen. Im Umweltschutz existiert so etwas inzwischen."
Mit der Insolvenz der US-amerikanischen Investmenbank Lehman Brothers am 15. September 2008 war das Platzen einer Immobilienblase in den USA zu einer weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise eskaliert. Die Auswirkungen der darauf folgenden Rezession reichen bis heute.