Minden (epd). Die evangelische Kirche und Initiativen in Minden haben eine politische Einigung von Bund und Ländern zur Entlastung von Flüchtlingsbürgen angemahnt. "Wer vor August 2016 durch Verpflichtungserklärungen eine sichere Einreise von Syrern ermöglicht hat, soll nur bis zu deren Anerkennung als Flüchtlinge zahlen müssen", forderte Manfred Stock vom Verein "Minden für Demokratie und Vielfalt" am 10. Juli. Gemeinsam mit anderen Initiativen beklagte er auch, dass ein Antrag der Grünen-Fraktion im NRW-Landtag zur Einrichtung eines Hilfsfonds für betroffene Flüchtlingsbürgen mehrheitlich abgelehnt worden sei.
"Die Länder können sich nicht einfach zurücklehnen und sagen, das sei allein Sache des Bundes", sagte Rüdiger Höcker vom evangelischen Kirchenkreis Minden. Jobcenter und Sozialämter verschicken nach Angaben der Initiativen seit vergangenem Jahr Zahlungsaufforderungen an Bürgen in Höhe zwischen 4.000 und fast 50.000 Euro.
"Klage und zahle nicht!"
Immer mehr Betroffene suchen laut Höcker nun Beratung im Welthaus Minden, das die Kampagne gegen die Zahlungsaufforderungen der Behörden vernetzt. Allein im Kreis Minden-Lübbecke sei von über 200 Verpflichtungserklärungen auszugehen, nachdem dort nun auch das in kommunaler Trägerschaft betriebene Jobcenter Anhörungsbögen an Bürgen verschickt habe.
Bis es eine politische Lösung gebe, rate man allen Bürgen: "Klage und zahle nicht!", sagte der frühere Gelsenkirchener Superintendent Höcker. Durch die zahlreichen Gerichtsverfahren werde auch zusätzlicher politischer Druck erzeugt. Zugleich suche man weiter das direkte Gespräch mit Politikern in Düsseldorf und Berlin. Am 16. Juli wollen die Initiativen in Minden Betroffene über die aktuelle Lage informieren.
Hintergrund des Streits sind die Landesaufnahmeprogramme für syrische Flüchtlinge, die fast alle Bundesländer zwischen 2013 und 2015 aufgelegt hatten. Danach konnten Bürger in Deutschland syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen durch eine Verpflichtungserklärung für die Kosten des Lebensunterhalts eine sichere Einreise ermöglichen. 2.600 Menschen kamen auf diese Weise allein nach NRW.
Die Dauer der Verpflichtungen war damals jedoch ungeklärt: Länder wie Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen gingen von einer Befristung bis zur Anerkennung als Flüchtlinge für die Syrer aus. Aus Sicht der Bundesregierung aber galt die Bürgschaft auch danach fort. Das Integrationsgesetz bestimmte schließlich im August 2016 eine Fünf-Jahres-Frist, die für "Altfälle" auf drei Jahre reduziert und durch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts im Januar bestätigt wurde.